Schmerzmodelle

Aus psych-med
Schmerzmodell Hauptmerkmal sinnvolle Anwendung
vorkartesianisch
  • Strafe, Schuld, Schicksal
  • undifferenzierte Einheit von Körper und Körperwahrnehmung
  • Schmerz = Bedrohung der körperlichen Integrität
  • Arzt = autoritärer Heiler
Sinngebung chronischer Schmerzen kann hilfreich sein, wenn positive Antwort
kartesianisch
  • "Glockenstrang-Modell":
    somatische Schmerzursache → nervale Schmerzübertragung → subjektive Schmerzwahrnehmung
  • mechanistisch
  • dualistisch
akuter Schmerz
modifiziertes kartesianisch
  • "bottom-up"-Prinzip:
    biologische Schmerzverstärkung von Peripherie zu ZNS
  • Gate-Control-Theorie
  • chronischer somatogener Schmerz
  • Neuralgien
  • Schmerzverstärkung bei somatischer Ursache
Freudsches Modell "top-down"-Prinzip:
psychogene/somatoforme Schmerzen
postkartesianisch
  • psychobiologische ZNS-Disposition aufgrund Schmerzerfahrung und Schmerzpriming
  • ZNS-Schmerzmatrix: somatosensorischer Kortex, Thalamus, Insula, ACC, PFC, Amygdala, Hippocampus, PAG, Raphe-Kerne)
  • zentrale Hyperalgesie
  • multifaktorielle Schmerzgenese
  • bei chronischen Schmerzen ohne ausreichenden somatischen Befund Gefahr der Beziehungsstörung, wenn Arzt/Patient kartesianisch denken:
    • Arzt: "Liegt eine psychische Überlagerung oder Aggravation vor?"
    • Patient: "Schaut der Arzt überhaupt am richtigen Ort?"
  • bei somatoformen Schmerzen (verdränte/abgewehrte Konflikte) Problem des Arztes: "Wie kommunizierte ich etwas, was der Patient hat, gerade weil er meint, es nicht zu haben?"

Hyperalgesie

Niveau Mechanismen
periphere Nozizeption
  • Entzündungsmediatoren → neurogene Substanzen (Substanz P, CGRP) → Nozizeption ↑
  • Umwandlung von Nervenfasern Aβ: Druck → Schmerz
  • → primäre Hyperalgesie
Rückenmark
  • synaptische Umschaltung → zusätzliche Rezeptorsysteme (NMDA)
  • verstärkter Ca-Einstrom
  • Phosphorylierung → dauerhaft gesteigerte spinale Reizübertragung
  • → sekundäre Hyperalgesie
Thalamus
  • verminderte hämodynamische Aktivität
  • Frequenzveränderungen
  • Dysfunktion schmerzmodulierender Thalamuskerne → Schmerzperzeption ↑
Neokortex
limbisches System
  • Reizamplifizierung
  • "Pain-prone-Effekt": Schmerzerfahrungen, "Schmerzgedächtnis", kindlicher Stress
  • "Geiger-Effekt": Neuroplastizität, Vergrößerung der somatosensorischen Repräsentanz, neurofunktionell Frequenzveränderungen
  • "limbischer Effekt": emotionale Einfärbung, Verstärkung durch Angst und Depression
  • "Action-prone-Effekt": Stress, z.B. CRH → Raphe-Kerne → Blockierung deszendierender schemrzhemmender serotonerger Bahnen
  • "Aromat-Effekt": Angst/Schreck → Amygdala → Glutamat → Schmerzverstärkung
  • "Scheinwerfereffekt": Aufmerksamkeit (präfrontal)
  • → tertiäre Hyperalgesie