Metakognitive Therapie

Aus psych-med
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Grundlagen

  • Metacognitive therapy (MCT) nach Wells
  • Hypothese: dysfunktionale metakognitive Programme als Ursache psychischer Störungen
  • "kognitives Aufmerksamkeitssyndrom" (KAS/CAS)
    • Sich-Sorgen
    • Grübeln
    • Aufmerksamkeitslenkung auf negative Signale
    • dysfunktionale Bewältigungsstrategien (Gedankenunterdrückung, Vermeidungsverhalten)
  • Ziel: nicht dysfunktionale Kognitionen ändern, sondern Bewertung der dysfunktionale Kognitionen
  • wenig Studien, guter Effekt bei GAS

Metakognitive Therapie bei Zwangsstörungen

Metakognitive "Denkfehler"

  • Gedanken-Ereignis-Fusion: "Wenn ich etwas denke, passiert es auch"
  • Gedanken-Handlungs-Fusion: "Wenn ich etwas denke, tue ich es auch"
  • Gedanken-Objekt-Fusion: "Meine Gedanken werden auf Objekte übertragen"

Struktur

  • Ziel: Erkennen, dass die Rituale nicht Kontamination oder Schaden regulieren, sondern die eigenen Gedanken und Gefühle
  • Ablauf:
    • Erarbeiten eines gemeinsamen Störungsmodells
    • Veränderung metakognitiver Überzeugungen zu ZWangsgedanken
    • Veränderung der Überzeugungen zu Ritualen und Stoppsignalen
    • Rückfallprävention

Interventionen

metakognitive Fusionsüberzeugungen erklären

  • "Wenn Sie wüssten, dass diese Gedanken einfach nur Gedanken sind, müssten Sie dann das Ritual noch durchführen?"
  • "Warum habe ich keinen Zwang, wenn ich denke, dass meine Hände schmutzig sind, Sie aber schon?"
  • Fensterputzer-Metapher: auf der richtigen Seite ansetzen (Metaebene statt Objektebene)
  • Vampir-Metapher / Händeklatsch-Geschichte → Exposition

Achtsamkeitsübungen

  • Gedankenunterdrückungsexperimente ("rosa Kaninchen")
  • freie Assoziationen mit "Problemwörtern"
  • Telefon-/Angelhakenmetapher: Wahrnehmen, aber nicht rangehen/anbeißen
  • Tennisspiel-Metapher: "Was passiert, wenn einer von Platz geht?"
  • Gedanke auf Scheibe schreiben, durchsehen
  • Gedankenkontrolle: ""Wenn Sie wüssten, dass diese Gedanken völlig unwichtig sind, wäre es dann noch wichtig, ob sie da sind oder nicht?"
  • "Wie viele Gedanken hatten Sie heute schon und was ist mit den meisten passiert?" → Seifenblasen
  • Exposition mit Reaktionsverschreibung: Ritual mit Zwangsgedanken koppeln

metakognitive Fusionsüberzeugungen verändern

  • Abbau des KAS: Konfrontation mit Auslösern, aber Verschieben des Rituals → "Zwangssprechstunde"
  • Verhaltensexperimente:
    • konkrete Vorhersage formulieren, Ausmaß der Überzeugung angeben
    • Exposition/Experiment → Kontrollüberzeugung verstärken
  • Gedanken-Handlungs-Fusion: "Denken Sie intensiv daran, ein Lied zu singen, dass Sie überhaupt nicht mögen. Überprüfen Sie, wie oft der Gedanke zur Tat wird. Machen Sie das Experiment auch in der Arbeit oder im Zug." "Denken Sie intensiv daran, in die Hände zu klatschen, obwohl Sie das gar nicht wollen."
  • Gedanken-Ereignis-Fusion: "Überprüfen Sie, wie oft Ihre Gedanken äußere Ereignisse bewirken können. Denken Sie intensiv daran, dass mein Telefon vom Tisch fällt, ohne es zu berühren." "Denken Sie in der nächsten Woche itnensiv daran, dass ich eine Reifenpanne an meinen Wagen habe."
  • Gedanken-Objekt-Fusion: Eine Karte mit Zwangsgedanken kontaminieren, markieren, in Stapel mischen → mit geschlossenen Augen identifizieren
  • Zuschauer-Modus: "Wie sehr glauben Sie, dass ich (Therapeut) mich durch XY kontaminiere?" → Warum weniger überzeugt, dass es anderen passiert? → "Geht es hier dann um Keime oder Sorgen?"

narrative Rollenspiele

  • Externalisierung des Zwanges, z.B. Stuhlübung oder abwechselnd Therapeut/Patient Zwang spielen lassen → nicht inhaltlich argumentieren, sondern auf Metaebene; gf. aufnehmen

verbale Methoden

  • "Was genau müsste ich tun, damit ich auch einen Zwang bekomme? Bringen Sie es mir bei!"
  • "Wie genau bewirkt der Gedanken, dass etwas Schlimmes passiert?"
  • "Warum ist früher, als Sie noch keinen Zwang hatten, nichts passiert?"
  • Erzeugen kognitiver Dissonanz: "Hatten Sie schon mal Angst, eine 5 in Mathe zu schreiben? Heißt das, Sie wollten eine 5 schreiben?" → Gedanken verraten nicht unbedingt heimliche Wünsche

Veränderung der Überzeugungen zu Ritualen und Stoppsignalen

  • sokratischer Dialog/Disputation, z.B. Pro und Kontra → "Sich in die Hose machen, damit es warm wird."
  • Mechanismus erfragen: "Wie genau bewirkt das Ritual, dass nichts Schlimmes passiert?"
  • Stoppsignale: Rituale dienen nicht zur äußeren Sicherheit, sondenr zur gefühlten Sicherheit
    • Kriterium, dass Lampe aus ist, ist nicht ein Gefühl, sondern die Dunkelheit im Raum
    • "Wird die Türe "geschlossener", wenn man sie mehrfach kontrolliert? Oder verändert sich nur das Gefühl?"
    • "Werden die Hände dadurch sauberer, dass Sie den richtigen Gedanken/das richtige Gefühl haben?"
    • "Warum reicht 20-mal kontrollieren aus? Was würden Sie jemandem sagen, der behauptet, Sie müssen mindestens 50-mal kontrollieren?"
    • "Wie kann man überprüfen, ob der Zwangsgedanke weg ist, ohne ihn gleichzeitig direkt wieder zu haben?"
  • Advocatus diaboli:
    • "Woher wissen Sie, dass das Wasser/die Seife nicht versucht ist?"
    • "Wie verhindern Sie, Keime einzuatmen?"
    • "Woher wissen Sie, wo Keime sind?"
    • "Woher wissen Sie, dass Sie das richtig Ritual verwenden? Vielleicht wäre ein anderes Ritual besser? Wie könnten Sie es herausfinden?"
    • "Können Sie garantieren, dass nichts passiert, solange Sie das Ritual durchführen?"
  • historische Beurteilung: "Wie oft haben Sie schon kontrolliertß Wie oft war die Türe offen? Wie oft werden Sie noch kontrollieren müssen, bis Sie merken, dass das nur ein Gedanke ist?"
  • Rückwirkungen des Rituals: "Wie wirkt sich das Kontrollieren auf die Zweifel aus? Wie sicher können Sie sein, wenn Sie Ihre Handlungen gleichzeitig anzweifeln? Zweifel als Strategie, sicher zu werden, ist wie der Versuch, Feuer mit Feuer zu löschen."
  • Verhaltensexperimente:
    • Exposition mit Reaktionsverhinderung
    • Unterlassen/Aufschieben/"falsch Ausführen" des Rituals
    • Versuchen, etwas bewusst zu bewirken, z.B. Reifenpanne beim Therapeuten, durch Denken oder Ritual (falsch) ausführen
    • Wiederholungen variieren

Rückfallprävention

  • "neuer Plan" → Denk-/Verhaltens-/Aufmerksamkeitsmuster
  • Auffrischungssitzungen
  • Hosenloch-/Eisdecken-Metapher → frühzeitig melden, wenn Hilfe benötigt wird

Quelle

  • Anders denken - Metakognitive Therapie für Kinder und Jugendliche mit Zwangsstörung: ein Behandlungsplan. Michale Simons, Verhaltenstherapie 2012;22:259-267