Vergebung: Unterschied zwischen den Versionen

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== Definition ==
== Definition ==


* Vergebung = Verzicht einer Person, die sich als Opfer empfindet, auf den Schuldvorwurf und auf den Anspruch der Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts,''' ohne die erlittene Verletzung zu relativieren oder zu entschuldigen'''* primär innerseelischer Vorgang/psychischer Prozess, unabhängig von Einsicht und Reue des Täters  
* Vergebung = Verzicht einer Person, die sich als Opfer empfindet, auf den Schuldvorwurf und auf den Anspruch der Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts, '''ohne die erlittene Verletzung zu relativieren oder zu entschuldigen'''
* primär innerseelischer Vorgang/psychischer Prozess, unabhängig von Einsicht und Reue des Täters  
* Copingstrategie zur Bewältigung der belastenden Folgen einer äußeren oder inneren
* Copingstrategie zur Bewältigung der belastenden Folgen einer äußeren oder inneren
* Befreiung aus der Opferrolle, ist nicht mehr "nachtragend" → entlastet
* Befreiung aus der Opferrolle, ist nicht mehr "nachtragend" → entlastet

Version vom 7. Januar 2015, 00:53 Uhr

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Vergebung_(Psychologie)

Definition

  • Vergebung = Verzicht einer Person, die sich als Opfer empfindet, auf den Schuldvorwurf und auf den Anspruch der Wiedergutmachung des erlittenen Unrechts, ohne die erlittene Verletzung zu relativieren oder zu entschuldigen
  • primär innerseelischer Vorgang/psychischer Prozess, unabhängig von Einsicht und Reue des Täters
  • Copingstrategie zur Bewältigung der belastenden Folgen einer äußeren oder inneren
  • Befreiung aus der Opferrolle, ist nicht mehr "nachtragend" → entlastet
  • länger dauernder, mehrstufiger Prozess
  • Vergebung kann von niemandem gefordert werden → freie Entscheidung und Entschluss des "Opfers"
  • tut man für sich, nicht für den anderen
  • DD Verzeihen: Einbezug und Austausch mit "Täter" über verletzende Handlung
  • DD Versöhnung: Fortsetzen der Beziehung ohne Belastung; nur sinnvoll bei Reue, Entschuldigung und Versuch der Wiedergutmachung durch den Täter

Vergebung ist nicht

  • Vergessen
  • Relativieren
  • Akzeptieren
  • Gutheißen
  • Begnadigen
  • Verleugnen
  • Rechtfertigen

wann sinnvoll

  • wenn kein „korrektiver Austausch“ zwischen Täter und Opfer möglich ist, z.B. nach Tod des Täters
  • wenn Wut, Angst, Ärger, Grübeln oder Scham unverhältnismäßig stark sind oder sehr lange andauern → „Posttraumatische Verbitterungsstörung“ nach Michael Linden mit Intrusionen und Vermeidungsverhalten
  • bei Unmöglichkeit des Opfers, sich aus der negativen Bindung an den Täter zu lösen
  • nach Enright: Unversöhnlichkeit, Bitterkeit, Ressentiments und Wut = vier Mauern einer Gefängniszelle; Vergebung = Schlüssel, mit dem die Gefängnistür geöffnet werden kann.

Prozessmodell und Interventionen

  • Die Verletzung hat zu körperlichen, seelischen, ideellen oder materiellen Verlusten geführt. Diese Verluste sind zu betrauern. Insofern ist Trauerarbeit ein Teil des Vergebungsprozesses.

nach Schwennen

  1. Wahrnehmung einer "Verfehlung"
  2. Kausalattribution: Wer ist der Urheber des Eriegnisses oder Verhaltens?
  3. Verantwortungsattribution: Wer ist Schuld an der Verfehlung? → der Täter → er hätte anders handeln können, konnte die Folgen absehen und hat sie dennoch in Kauf genommen oder sie sogar beabsichtigt
  4. Empathie gegenüber „Täter"
  5. Bearbeitung der eigenen negativen affektiven Reaktionen
  6. Erreichen von Vergebung → inneren Frieden, Beendigung von Wut, Hass, Grübeln, Verminderung von Beschwerden

nach Enright

  • 20 „Wegweiser“ zur Vergebung, die in vier Gruppen eingeteilt werden
    1. die eigene Wut freilegen
    2. sich zur Vergebung entschließen
    3. am Vergebungsprozess arbeiten, u.a. Empathie mit dem Täter entwickeln
    4. Erkennen und sich aus dem Gefängnis seiner Emotionen befreien

nach Linden

  • "Weisheitstherapie": kognitive Verhaltenstherapie für Patienten mit Verbitterungsstörung

hilfreiche Aspekte

  • Empathie für den Täter
  • geringer dem Täter zugeschriebene Absicht
  • geringer auf den Täter bezogener Wut
  • Bitte des Täters um Entschuldigung
  • geringer dem Täter zugeschriebener Verantwortung
  • sonst zufriedenstellender Beziehung zum Täter
  • geringes Ausmaß an Grübeln