Konflikt: Unterschied zwischen den Versionen

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== Grundkonflikte nach [[OPD]] ==
* Bestandteil/Grundaufgabe der menschlichen Entwicklung
* stets '''unbewusst'''
* '''repetitive''' Muster
* pathologisch, wenn gewählte Bewältigungsform
** Symptome verursacht ('''Symptomneurose''')
** Verformung der Persönlichkeit verursacht ('''Charakterneurose''')
* besteht zwischen emotionalen Grundbedürfnissen (Trieb) und gesellschaftlichen Regeln (Über-Ich) bzw. Realität (Ich)
* unterscheide
** '''äußere/interpersonelle''' Konflikte
** '''innere Konflikte''': widerstreitende seelische Tendenzen
** '''verinnerlichte Konflikte''' = '''infantile Konflikte'''
*** Internalisierung von Konflikten aus Beziehungserfahrungen → Widersprüche zwischen Selbst- und Objektrepräsentanzen
*** abhängig von Entwicklungsstufe, Ich-Reifung, Objekte = primäre Bezugspersonen
*** je nach Alter Angst vor Vernichtung, Verlust, Trennung, aggressiven Impulsen, Liebesverlust, Bestrafung
** '''pathogene Konflikte''': keine altersgerechte Lösung → '''Reaktivierung''' bei erneuter Konfrontation mit Entwicklungsaufgabe → unerträgliches Maß an Angst ⇒ Symptombildung → Angstabwehr!
* auch Scham (→ gegenüber dem Selbst = intrapsychischer Beobachter) oder Schuld (→ Dominanz der Über-Ichs)
* setzt reife psychische Substrukturen voraus, zwischen denen sich Spannung aufbauen kann
* bei früher Störung (unreife Struktur = psychischer Innenraum) kein intrapsychischer Konflikt, sondern Bedürfnisspannung und Frustration, die auf Außenobjekte gerichtet werden


Die psychodynamische Betrachtungsweise sieht die Grundkonflikte als Bestandteil der menschlichen Entwicklung unter dem Blickwinkel der Konfliktverarbeitung. Dabei unterscheidet die OPD acht unbewusste Konflikttypen [1] [2], nach denen acht Konflikttypen bestimmt werden können. Um eine Behandlungs-Diagnose zu stellen, wird der Patient gemäß dem Stand seiner Entwicklung und Reifung in die vorgegebenen und umschriebenen/operationalisierten Konflikttypen eingeordnet. Eine eindeutige Zuordnung eines Menschen zu einem einzigen Konflikttypus ist allerdings oft nicht möglich, weil häufig mehrere Grundkonflikte noch unzureichend bewältigt wurden.
== aktueller Konflikt ==


1. Abhängigkeit vs. Individuation: Im einen Extrem würde ein Mensch mit diesem Grundkonflikt eine Abhängigkeit erzeugende Beziehung suchen als „willkommene Abhängigkeit“, im anderen Extrem dagegen eine emotionale Unabhängigkeit aufbauen und die Bindungswünsche unterdrücken.
* auslösende Situation (Versuchung, Versagung) → Mobilisierung von Triebwünschen → Über-Ich-Verbot → Ich-Abwehr → Signalangst → je nach Abwehr (schwach →) Triebentladung oder (stark →) Symptom → Angstreduktion = '''primärer Krankheitsgewinn'''
* DD '''Aktualkonflikt''' = Konflikthafte Belastung → bewusst:
** aktuelle äußere Lebensbelastung → ausreichend als Erklärung der Symptomatik
** keine Wiederholung/repetitives Muster
** z.B. Trauer nach Verlust, Angst nach Trauma
** VT:  
*** Diskordanz = Appetenz-Appetenz-Konflikt
*** kognitive Dissonanz = Verhalten-Einstellung


2. Unterwerfung vs. Kontrolle: Im einen Extrem nimmt der Mensch die Gegebenheiten hin als Schicksal, dem er sich fügt, dabei sind Erleben und Verhalten geprägt von Gehorsam und Unterwerfung. Im anderen Extrem bestimmen Kontrolle und Auflehnung („Bekämpfen“) das Erleben und Verhalten.
== Grundkonflikte nach [[OPD]] ==
 
3. Versorgung vs. Autarkie: Im einen Extrem führen Versorgungs- und Geborgenheitswünsche zu starker Abhängigkeit, und der Mensch wirkt passiv und anklammernd. Im anderen Extrem nimmt der Mensch keine Hilfe an und wehrt die Wünsche nach Hilfe ab, indem er sich als anspruchslos darstellt. In einer altruistischen Konfliktverarbeitung bekommen Andere die Versorgung, nach der er sich selbst unbewusst sehnt.
 
4. Selbstwert vs. Objektwert: Es bestehen Selbstwertkonflikte, die im einen Extrem als Minderwertigkeit erlebt werden, während andere aufgewertet oder idealisiert werden. Im anderen Extrem werden kompensatorische Anstrengungen erbracht, die das Selbstbild bis hin zum Größenwahn stützen, während andere abgewertet werden.
 
5. Über-Ich- und Schuldkonflikte: Im einen Extrem führt die Schuldübernahme bis zur masochistischen Unterwerfung. Im anderen Extrem sieht der Mensch die Schuld nur beim anderen, wobei ihm jegliche Form eines eigenen Schuldgefühls fehlt.
 
6. Ödipal-sexuelle Konflikte: Im einen Extrem nimmt der Mensch seine Erotik und Sexualität nicht wahr, im anderen Extrem bestimmt sie alle Lebensbereiche, ohne dass eine Befriedigung gelingt. Dies meint nicht sexuelle Funktionsstörungen anderer Herkunft.


7. Identitätskonflikte: Bei sonst hinreichenden Ich-Funktionen übernimmt der Mensch die Geschlechts-, Rollen oder Gruppenidentität anderer oder überspielt die Identitätsambivalenz kompensatorisch.
* acht Konflikttypen, jeweils '''aktiver''' (kontraphobisch) und '''passiver''' Modus (Resignation, Anpassung)


8. Fehlende Konflikt- und Gefühls-Wahrnehmung: Bei diesem Grundkonflikt werden Konflikte, Gefühle und Bedürfnisse bei sich und anderen nicht wahrgenommen, oder sie werden durch sachlich-technische oder philosophische Beschreibungen ersetzt.
{| class="wikitable"
! width="20%" | Konflikt
! width="40%" | passiver Modus
! width="40%" | aktiver Modus
|- bgcolor="#FFFACD"
! style="text-align:left" | Abhängigkeit vs. Individuation
| Suche nach dependenter Beziehung, Abhängigkeit<br />Krankheit als "willkommene Abhängigkeit"
| emotionale Unabhängigkeit, Unterdrückung von Bindungswünschen<br />Krankheit als existenzielle Bedrohung
|- bgcolor="#BBFFFF"
! style="text-align:left" | Unterwerfung vs. Kontrolle
| Erleben und Verhalten geprägt von Gehorsam und Unterwerfung<br />Krankheit als Schicksal, dem man sich fügen muss
| Kontrolle und Auflehnung ("Kampf")<br />Krankheit als Feind, muss "bekämpft" werden
|- bgcolor="#FFFACD"
! style="text-align:left" | Versorgung vs. Autarkie
| Versorgungs- /Geborgenheitswünsche &rarr; abhängig, passiv, anklammernd<br />bei Krankheit passiv-anklamernd
| Ablehnung von Hilfe(Wünschen), Anspruchslosigkeit nach außen (innen?); altruistische Konfliktverarbeitung &rarr; anderen die Hilfe/Versorgung geben, die man selbst unbewusst wünscht (Projektion)<br /> bei Krankheit wird Hilfe abgewehrt
|- bgcolor="#BBFFFF"
! style="text-align:left" | Selbstwert vs. Objektwert
| Minderwertigkeit, Idealisierung/Aufwertung der anderen, Resignation<br >Krankheit kann positiv sein für Selbstbild (Bestätigung)
| dauernde Anstrengung zur Aufrechterhaltung des brüchigen Selbstwertgefühls &rarr; pseudo-selbstsicher, Narzissmus &rarr; Größenwahn, Abwertung anderer<br />Krankheit &rarr; Selbstwertkrise
|- bgcolor="#FFFACD"
! style="text-align:left" | Über-Ich- und Schuldkonflikte
| Schuldübernahme, masochistische Unterwerfung, Selbstvorwürfe<br />Krankheit &rarr; eigene Schuld
| generelle Schuldzuweisung an andere, Abwehr von Schuldgefühlen<br />Krankheit &rarr; Schuld anderer, "reparier mich"
|- bgcolor="#BBFFFF"
! style="text-align:left" | Ödipal-sexuelle Konflikte
| komplette Abwehr eigener Erotik und Sexualität &rarr; fehlt in Wahrnehmung, Kognition, Affekt
| Sexualität dominiert alle Lebensbereiche (aber ohne Befriedigung)
|- bgcolor="#FFFACD"
! style="text-align:left" | Identitätskonflikte
| Übernahme von Geschlechts-, Rollen oder Gruppenidentität anderer
| Überspielen der Identitätsambivalenz
|- bgcolor="#BBFFFF"
! style="text-align:left" | Fehlende Konflikt- und Gefühls-Wahrnehmung
| Nicht-Wahrnehmung von Konflikten, Gefühlen und Bedürfnissen bei sich und anderen
| Ersetzung durch sachlich-technische oder philosophische Beschreibungen
|}


[[Kategorie:Tiefenpsychologie]]
[[Kategorie:Tiefenpsychologie]]

Aktuelle Version vom 5. Mai 2017, 21:17 Uhr

  • Bestandteil/Grundaufgabe der menschlichen Entwicklung
  • stets unbewusst
  • repetitive Muster
  • pathologisch, wenn gewählte Bewältigungsform
    • Symptome verursacht (Symptomneurose)
    • Verformung der Persönlichkeit verursacht (Charakterneurose)
  • besteht zwischen emotionalen Grundbedürfnissen (Trieb) und gesellschaftlichen Regeln (Über-Ich) bzw. Realität (Ich)
  • unterscheide
    • äußere/interpersonelle Konflikte
    • innere Konflikte: widerstreitende seelische Tendenzen
    • verinnerlichte Konflikte = infantile Konflikte
      • Internalisierung von Konflikten aus Beziehungserfahrungen → Widersprüche zwischen Selbst- und Objektrepräsentanzen
      • abhängig von Entwicklungsstufe, Ich-Reifung, Objekte = primäre Bezugspersonen
      • je nach Alter Angst vor Vernichtung, Verlust, Trennung, aggressiven Impulsen, Liebesverlust, Bestrafung
    • pathogene Konflikte: keine altersgerechte Lösung → Reaktivierung bei erneuter Konfrontation mit Entwicklungsaufgabe → unerträgliches Maß an Angst ⇒ Symptombildung → Angstabwehr!
  • auch Scham (→ gegenüber dem Selbst = intrapsychischer Beobachter) oder Schuld (→ Dominanz der Über-Ichs)
  • setzt reife psychische Substrukturen voraus, zwischen denen sich Spannung aufbauen kann
  • bei früher Störung (unreife Struktur = psychischer Innenraum) kein intrapsychischer Konflikt, sondern Bedürfnisspannung und Frustration, die auf Außenobjekte gerichtet werden

aktueller Konflikt

  • auslösende Situation (Versuchung, Versagung) → Mobilisierung von Triebwünschen → Über-Ich-Verbot → Ich-Abwehr → Signalangst → je nach Abwehr (schwach →) Triebentladung oder (stark →) Symptom → Angstreduktion = primärer Krankheitsgewinn
  • DD Aktualkonflikt = Konflikthafte Belastung → bewusst:
    • aktuelle äußere Lebensbelastung → ausreichend als Erklärung der Symptomatik
    • keine Wiederholung/repetitives Muster
    • z.B. Trauer nach Verlust, Angst nach Trauma
    • VT:
      • Diskordanz = Appetenz-Appetenz-Konflikt
      • kognitive Dissonanz = Verhalten-Einstellung

Grundkonflikte nach OPD

  • acht Konflikttypen, jeweils aktiver (kontraphobisch) und passiver Modus (Resignation, Anpassung)
Konflikt passiver Modus aktiver Modus
Abhängigkeit vs. Individuation Suche nach dependenter Beziehung, Abhängigkeit
Krankheit als "willkommene Abhängigkeit"
emotionale Unabhängigkeit, Unterdrückung von Bindungswünschen
Krankheit als existenzielle Bedrohung
Unterwerfung vs. Kontrolle Erleben und Verhalten geprägt von Gehorsam und Unterwerfung
Krankheit als Schicksal, dem man sich fügen muss
Kontrolle und Auflehnung ("Kampf")
Krankheit als Feind, muss "bekämpft" werden
Versorgung vs. Autarkie Versorgungs- /Geborgenheitswünsche → abhängig, passiv, anklammernd
bei Krankheit passiv-anklamernd
Ablehnung von Hilfe(Wünschen), Anspruchslosigkeit nach außen (innen?); altruistische Konfliktverarbeitung → anderen die Hilfe/Versorgung geben, die man selbst unbewusst wünscht (Projektion)
bei Krankheit wird Hilfe abgewehrt
Selbstwert vs. Objektwert Minderwertigkeit, Idealisierung/Aufwertung der anderen, Resignation
Krankheit kann positiv sein für Selbstbild (Bestätigung)
dauernde Anstrengung zur Aufrechterhaltung des brüchigen Selbstwertgefühls → pseudo-selbstsicher, Narzissmus → Größenwahn, Abwertung anderer
Krankheit → Selbstwertkrise
Über-Ich- und Schuldkonflikte Schuldübernahme, masochistische Unterwerfung, Selbstvorwürfe
Krankheit → eigene Schuld
generelle Schuldzuweisung an andere, Abwehr von Schuldgefühlen
Krankheit → Schuld anderer, "reparier mich"
Ödipal-sexuelle Konflikte komplette Abwehr eigener Erotik und Sexualität → fehlt in Wahrnehmung, Kognition, Affekt Sexualität dominiert alle Lebensbereiche (aber ohne Befriedigung)
Identitätskonflikte Übernahme von Geschlechts-, Rollen oder Gruppenidentität anderer Überspielen der Identitätsambivalenz
Fehlende Konflikt- und Gefühls-Wahrnehmung Nicht-Wahrnehmung von Konflikten, Gefühlen und Bedürfnissen bei sich und anderen Ersetzung durch sachlich-technische oder philosophische Beschreibungen