Psychoanalyse
Aus psych-med
(Weitergeleitet von Sigmund Freud)
Der Artikel ist in weiten Teilen eine Zusammenfassung von http://de.wikipedia.org/wiki/Psychoanalyse
Grundlagen
- Sigmund Freud (1856-1939)
- Wissenschaft: Theorie über unbewusste psychische Vorgänge
- Methodik: Untersuchung menschlichen Erlebens, Denkens und Verhaltens und deren unbewusster, d.h. dem Ich nicht ohne weiteres bewusst zugänglicher Bedeutungen
- Therapie: aufdeckendes Behandlungsverfahren
- Ziel: vertieftes Verständnis der ursächlichen (meist unbewussten) Zusammenhänge seines Leidens
- Patient: liegt auf Couch, freies Assoziieren
- Therapeut/Analytiker: Haltung "gleichschwebender Aufmerksamkeit", teilt "Deutungen" mit, insbesondere Übertragungsanalyse, Traumanalyse, Analyse von Fehlleistungen
- Ziel: durch Einsicht zur Katharsis
Theorie
- heute: vier Hauptrichtungen der Psychoanalyse
- Triebtheorie (Sigmund Freud)
- Ich-Psychologie (Heinz Hartmann)
- Objektbeziehungstheorie
- Selbstpsychologie (Heinz Kohut)
Traumatheorie
- (Frühphase): zentrale Rolle kindlicher (sexueller) Traumatisierung
- Therapie: Erinnerung und Bewusstmachung des traumatisierenden Übergriffs → Patient passiv, "Opfer" (real?); später faktische Unnachweisbarkeit behauptet
Triebtheorie ("Dynamik")
- "Kehre" in Freuds Denken, Abkehr von der Traumatheorie, Wechsel zu triebtheoretisch argumentierendem Ödipus-Modell: Anerkennung der infantilen Sexualität als ödipales Begehren → Patient aktiv, "Täter" (der Phantasie)
- Trieb ("Psychodynamik")
- Ursache: körperlicher Spannungszustand biologisch/somatischer Natur, nicht weiter spezifizierbar (→ Biologie)
- Impuls/Drang: Begierde, mit der sich die Triebhandlung vollzieht; z.B. Hunger = Ernährungs-Drang
- Objekt: worauf sich die Triebhandlung richtet
- Ziel: Befriedigung des Dranges, "Triebabfuhr"
- Formen:
- Primärtriebe: Lebens-, Art- und Selbsterhaltung → Nahrung, Wasser, Sauerstoff, Ruhe, Sexualität, Entspannung
- Sekundärtriebe: Anerkennung, Sicherheit
- Lebenstrieb (Eros), Todestrieb (Thanatos)
- Triebenergie: Libido, Lustprinzip
Strukturmodell der Psyche ("Topik")
- 1. Modell: 3 Systeme → Bewusstes, Unbewusstes, Vorbewusstes
- 2. Modell: 3 Instanzen: Ich, Es, Über-Ich
Es
- unbewusste Struktur, psychische Repräsentation der Triebe, Bedürfnisse, Affekte
- Lustprinzip (hedonistisch) → unmittelbare Befriedigung
- psychisch zuerst entstanden, teilweise angeboren
- Triebimpulse → Reaktion der Umwelt → Gefühle, Bedürfnisse
Ich
- bewusstes Denken, Wahrnehmen, Gedächtnis, Selbstbild, "Selbstbewusstsein",
- aber auch viele unbewusste Anteile, z.B. Abwehrmechanismen
- Vermittler zwischen Es, Über-Ich und Außenwelt
- Realitätsprinzip → prüft, ob Gelegenheit zur Triebbefriedigung da ist
- Entstehung in ersten vier Lebensjahren → "frühes Ich", vorsprachlich/unbewusst, "Wer bin ich?", "Was kann ich?"
Über-Ich
- soziale Normen, Werte, Gehorsam, Moral, Gewissen, "Ich-Ideal"
- verinnerlichte Werte der Gesellschaft, insbesondere der Eltern
- Moralitätsprinzip → prüft, ob etwas "gut" oder "schlecht" ist und kritisiert
- Schuldgefühle → Mißachtung der Gebote/Verbote des Über-Ichs
Entwicklungspsychologie
- Phasen mit besonderen thematischen Schwerpunkten
- besonders prägend: frühe Phasen → pathologische Entgleisungen durch erhöhte Vulnerabilität und/oder inadäquates Milieu
- Libidoentwicklung:
- orale Phase (1. Lebensjahr)
- anale Phase (2.-3. Lebensjahr)
- phallische Phase (4.-5. Lebensjahr) → Ödipuskomplex: Liebe auf gegengeschlechtlichen Elternteil gerichtet, Konkurrenz mit gleichgeschlechtlichem Elternteil; erhebliche interkulturelle und interfamiliäre Differenzen
- Latenzphase: Verzicht auf den gegengeschlechtlichen Elternteil, Errichtung eines stabilen Über-Ichs mit Inzesttabu
- Pubertät
- Adoleszenz
Affekttheorie
- von Freud selbst drei Affektmodelle, Angst jeweils als zentrale Emotion
- 1. Affektmodell: Trauma → Affekt → blockierte Abfuhr ⇒ Symptombildung
- 2. Affektmodell: Konflikt Libido ↔ Hemmung ⇒ Angst(neurose)
- 3. Affektmodell: "Signalangst" → Affekt = Signal an das Ich, drohende innere (Trieb) oder äußere (Trauma) abzuwenden ⇒ Abwehrmechanismen
- aktuell: Komponentenmodelle, z.B. Rainer Krause:
- Expressive Komponente (mimischer und gestischer Ausdruck)
- Physiologische Komponente (endokrine und neuronale Ebene)
- Motivationale Komponente (Innervation der Skelettmuskulatur)
- Wahrnehmung/Bewusstes Erleben
- Sprachliche Benennung des Erlebens
- Bewusste Wahrnehmung als inneres Bild und spezifische situative Bedeutung der Welt und Objekte
- Affekte = Information im Rahmen von psychischen Regulationsprozessen (Triebansprüche, zwischenmenschlichen Beziehungen, Werte) = "Interface" zwischen psychischer, biologischer und sozialer Ebene
- Zentralstellung in der gesamten psychoanalytischen Theorie und Therapie
Therapie
- Objekt der Therapie: Das Ich und seine Störungen (Verhalten) → Beobachtung des Kampfes zwischen Ich und Es um Befolgung der analytischen Grundregel
- Aufgabe der Analyse: Unbewusstes bewusst machen → Kenntnis aller drei Instanzen, ihrer Beziehungen untereinander und zur Außenwelt
- Prinzip: freie Assoziation ("analytische Grundregel"): "Lockerung" des Ich, "Aufsteigen" von Triebregungen des Es
- Therapeut: gleichschwebende Aufmerksamkeit, Neutralität, Holding, Containing
- Kenntnis des Es (unbewußt) nur indirekt über Spannungs-/Unlustgefühle, "Primärvorgang"
- Kenntnis der Über-Ich (bewusst) bei Differenz zwischen Ich und Über-Ich (Angst, Schuldgefühle)
- Bild von Es und Über-Ich nur durch Ich → Zerlegung des "Sekundärvorgangs" in Ich-/Es-/Über-Ich-Anteile
- Abwehrmechanismen des Ich nicht direkt beobachtbar, nur über Wirkung (Auslassungen, Sinnverschiebungen, Umkehrungen)
- Ich:
- Verbündeter der Analyse bei der Selbstbeobachtung
- Gegner der Analyse durch Abwehrtätigkeit (gegen analytische Grundregel)
- Objekt des Analyse → unbewusste Abwehrmechanismen
- Hypnose: ähnlich, aber ohne Kampf des Ich, also Abwehrmechanismen
Techniken
- "Dass, Wie, Was, Warum"-Prinzip:
- Klärung: ausführliche neutrale Exploration, bis Patient/Therapeut sich verstehen
- Konfrontation: auf Widersprüche (in Aussagen, zwischen verbalen/nonverbalen Mitteilungen, zwischen Übertragung/Gegenübertragung) hinweisen
- Deutung: Beziehung zu früheren Erfahrungen/anderen Situationen herstellen, Motive vorschlagen
- Traumdeutung: ebenfalls Herabsetzung der Ich-Leistungen → Beobachtung von Es-Inhalten und Ich-Tätigkeit ("Zensor")
- Symboldeutung: festgelegte, allgemeingültige Beziehungen zwischen Es-Inhalten und bewussten Wert-/Sachvorstellungen → gesicherte Rückschlüsse auf Es-Inhalte
- Fehlhandlungen: Es-Durchbrüche, v.a. Versprechen und Vergessen
- Übertragungsdeutung: Auftreten von Regungen aus früheren Objektbeziehungen unter Wiederholungszwang
Weblinks und Quellen
- http://de.wikipedia.org/wiki/Psychoanalyse
- Anna Freud: Das Ich und die Abwehrmechanismen
- http://www.psychologie.uni-heidelberg.de/ae/allg/lehre/wct/m/M02/M0203fre.htm
- http://www.textlog.de/sigmund-freud.html Gesammelte Werke von Sigmund Freud