Suizidalität

Aus psych-med

Grundlagen

  • Epidemiologie in Deutschland:
    • ca. 10.000-12.000/Jahr
    • hohe Dunkelziffer
    • ca. 30% der Todesfälle mit äußerer Ursache
    • klarer Anstieg mit dem Alter, am höchsten > 85 J.
    • m:w = 1:3
    • 15-35 J. Ursache in 1/6 der Todesfälle
    • Ärzte Suizidrate 3-5x ggü. Bevölkerungs-Durchschnitt
    • Suizidversuche: Suizide = 10:1
    • Todesursachen:
      • 50% Erhängen/Ersticken
      • 10% Sturz in die Tiefe
      • 8% Vergiftung durch Medikamente
      • 5% Erschießen
      • 5% vor Zug/Auto werfen
  • siehe auch Unterbringung

Einschätzung des Suizidrisikos

Die folgende Liste (nach Prof. Voderholzer, 2006) enthält etliche Kriterien, die bei der Einschätzung berücksichtigt werden sollten. Die Einschätzung des Suizidrisikos bleibt aber letztlich immer subjektiv.

Persönliche Risikofaktoren

  • frühere Suizidversuche bzw. begonnene Suizidhandlungen
  • Suizide in Familie
  • Wahnsymptome (z.B. hypochondrischer Wahn, Schuldwahn)
  • Suizidalität war Aufnahmegrund
  • Life-events vor dem Aufenthalt (z.B. Arbeitplatzverlust, Trennung vom Partner)
  • Non-compliance mit Therapiemaßnahmen
  • neu diagnostizierte schwere körperliche Erkrankung
  • männliches Geschlecht
  • Alter > 60

* 1. Aufenthalt in Psychiatrie

  • starke Kränkbarkeit
  • Persönlichkeitsstörung
  • hohes Aggressionspotential bzw. Impulsivität
  • Klinikaufenthalt gegen den Willen des Patienten
  • starke innere Unruhe
  • starke Schlafstörungen
  • Störungen mit hohem Risiko: Bipolare Störung, Major Depression, Schizophrenie, Alkoholabhängigkeit
  • Suizidmittel (Waffen, Seil, Tabletten) zuhause oder vorbereitet

Risikofaktoren im Behandlungsverlauf

  • plötzliche Besserung
  • antriebssteigernde Antidepressiva neu angesetzt
  • Benzodiazepinentzug
  • fühlt sich in der Klinik nicht aufgehoben
  • Medikamentenumstellung
  • kürzlich zurückliegender Therapeutenwechsel
  • Life-events (z.B. Arbeitsplatzverlust, Trennung im Jahr vor der Aufnahme)
  • Sonntage (30% der Suizide an Sonntagen), Weihnachtsfeiertage
  • Frühjahr
  • Jahrestage, traumatische Erlebnisse

Protektive Faktoren

  • sehr guter Rapport zum Behandlungs-Team
  • sehr guter Rapport zu Familienangehörigen
  • glaubhafte Äußerung: Würde es Familie nicht antun
  • Benzodiazepinbehandlung
  • Lithiumbehandlung
  • Leponexbehandlung bei Schizophrenie
  • religiöse Bindung
  • zuverlässige Persönlichkeit

Präsuizidales Syndrom

Warnzeichen/Merkmale, die auf einen bevorstehenden Suizid hinweisen können bzw. häufig vorausgehen:

  • Einengung: Formalgedanklich (Suizid als einziger Ausweg) und/oder im Verhalten (zunehmende Isolation, sozialer Rückzug, Vereinsamung, Verlust von Arbeit oder Bezugspersonen, Krankheit)
  • Aggressionsumkehr: verstärkte Aggression, die nach außen gehemmt ist und zur Autoaggression wird
  • Suizidphantasien: Realitätsverlust bis Wahnhaftigkeit, Kreisen der Gedanken um Tod/Suizid, konkrete Planung und Vorbereitung

Therapie

  • Kontaktaufbau, Beziehung herstellen
  • Unterbringung
  • BZP, sedierende AD, Neuroleptika → Einnahme unter Aufsicht