Narzisstische Persönlichkeitsstörung: Unterschied zwischen den Versionen
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* temporärer Verlust der Selbstkohärenz | * temporärer Verlust der Selbstkohärenz | ||
* Mangel an aktueller Selbstobjekterfahrung (Selbstobjekt = subjektives Erleben eines Mitmenschen als Stütze unseres Selbst) | * Mangel an aktueller Selbstobjekterfahrung (Selbstobjekt = subjektives Erleben eines Mitmenschen als Stütze unseres Selbst) | ||
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** virtuelles Selbst = Vorstellungen/innere Bilder der Eltern über ihr Kind → primäre Begegnung mit dem Kind | ** '''virtuelles Selbst''' = Vorstellungen/innere Bilder der Eltern über ihr Kind → primäre Begegnung mit dem Kind | ||
** archaisches Selbst = Verschmelzungsbedürfnisse mit spiegelnden und idealisierten Selbstobjekten<br>unvermeidliche Versagung → | ** '''archaisches Selbst''' = Verschmelzungsbedürfnisse mit spiegelnden und idealisierten Selbstobjekten<br>unvermeidliche Versagung → | ||
*** Größenselbst: "Ich bin perfekt" | *** Größenselbst: "Ich bin perfekt" | ||
*** idealisiertes Elternimago: "Du bist perfekt" → Internalisierung: "Ich bin ein teil von Dir" | *** idealisiertes Elternimago: "Du bist perfekt" → Internalisierung: "Ich bin ein teil von Dir" | ||
** reifes Selbst: | ** '''reifes Selbst''': | ||
*** infantile Omnipotenz → Realitätssinn | *** infantile Omnipotenz → Realitätssinn | ||
*** infantile Grandiosität → reifes Selbstwertempfinden | *** infantile Grandiosität → reifes Selbstwertempfinden | ||
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** Entwicklung von Selbstkohärenz | |||
** Widerstandsdeutungen → Entwicklung von Selbstobjekt-Übertragungen | |||
** Umgang mit Beziehungsabbrüchen | |||
** Deutung des inneren Erlebens, '''Empathie''' | |||
** aggressives Verhalten → Empathieversagen des Therapeuten | |||
=== Kernberg === | === Kernberg === | ||
* Selbstwertstörung und Störung des Objektbeziehungen | |||
* Unterscheidung: | |||
** '''gesunder/normaler Narzissmus''': libidinöse Besetzung einer gesunden Selbststruktur | |||
** '''pathologischer Narzissmus''': libidinöse Besetzung einer pathologischen Selbststruktur | |||
*** Abwehrstruktur gegen orale Aggression und frühe Spaltungen → pathologische Selbststruktur | |||
*** strukturelles Defizit: Realselbst = Idealselbst = Idealobjekt → Grandiosität | |||
*** Regression auf frühes Entwicklungsstadium mit unscharf getrennten Selbst-/Objektrepräsentanzen | |||
** '''maligner Narzissmus''': Form des path. N. mit antisozialem Verhalten, paranoide Haltung, ichsyntoner Sadismus | |||
* <u>Therapie</u>: | |||
** Pat. kann weder Abhängigkeit ertragen noch Dankbarkeit empfinden | |||
** strikte '''Neutralität''' → Übertragungsdeutungen von Neid und Hass | |||
** Entwicklung von Schuldgefühlen und Dankbarkeit → Rückgang an Spaltungen und negativer Übertragung, Integration von Selbst-/Objektrepräsentanzen | |||
** Projektion des idealen Selbst → Umwandlung in gute Elternfigur | |||
** Klarifikation, Konfrontation und Deutung im Hier und Jetzt | |||
== verhaltenstherapeutisch == | |||
== Doppelte Selbstwertregulation == | === Doppelte Selbstwertregulation === | ||
* hohe explizite Selbstwertschätzung (= positives Selbstschema): | * '''grandioser Selbstanteil''': | ||
* geringe implizite Selbstwertschätzung (= negatives Selbstschema) | ** unbeirrt, offen, dickhäutig | ||
* hohe explizite Selbstwertschätzung (= positives Selbstschema): Selbstaufwertung bei Abwertung anderer, geringe Empathie, dominant-aggressives Interaktionsverhalten | |||
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** hypervigilant, verdeckt, dünnhäutig | |||
** geringe implizite Selbstwertschätzung (= negatives Selbstschema) → Scham, Unsicherheit, Angst, Einsamkeit | |||
* Selbstwertdiskrepanz ⇒ instabiler Selbstwert, dysfunktionale Strategien der Selbstwertstabilisierung, egozentrische Selbstaufwertung | * Selbstwertdiskrepanz ⇒ instabiler Selbstwert, dysfunktionale Strategien der Selbstwertstabilisierung, egozentrische Selbstaufwertung | ||
* dysfunktionale und maladaptive Strategie zur Befriedigung von Grundbedürfnisen, die in der Entwicklungsgeschichte mißachtet wurden | * → dysfunktionale und maladaptive Strategie zur Befriedigung von Grundbedürfnisen, die in der Entwicklungsgeschichte mißachtet wurden | ||
* inkompatible emotionale Kernselbstanteile, im Mittelpunkt problematische Emotionen wie Scham, Minderwertigkeit, Hilflosigkeit, Angst | * → inkompatible emotionale Kernselbstanteile, im Mittelpunkt problematische Emotionen wie Scham, Minderwertigkeit, Hilflosigkeit, Angst | ||
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* können nicht reguliert, sondern nur vermieden oder bekämpft werden | * → können nicht reguliert, sondern nur vermieden oder bekämpft werden | ||
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* bei Misslingen der Bewältigungsstrategien ⇒ depressive Einbrüche, Suizidalität, fremdaggressives Verhalten → bedeutende Rolle von '''Schamgefühlen''' | * bei Misslingen der Bewältigungsstrategien ⇒ depressive Einbrüche, Suizidalität, fremdaggressives Verhalten → bedeutende Rolle von '''Schamgefühlen''' | ||
== weiblicher Narzissmus == | |||
* pathologische Muster: | |||
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| "dependent and demanding" &rarr, krise bei Verlust des selbstwertregulietenden Objekts | |||
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* Behandlung: | |||
** Abwertungsprozesse erkennen | |||
** Scham und Kränkung bennenen und besprechen | |||
** Kommunikation der Wirksamkeit | |||
** Beziehung schaffen und reflektieren | |||
== Therapie == | |||
* Strategien und Ziele: | |||
** therapeutische Beziehungsgestaltung | |||
** Einsicht in doppelte Selbstwertregulation → Funktionalität → Überlebensregel/Grundannahmen | |||
** Emotionsregulation (Scham, Angst, Einsamkeit) | |||
** Entdeckung/Akzeptanz/Befriedigung vermiedener Bedürfnisse (Kontakt, Zugehörigkeit, Ruhe/Entspannung, Kreativität) | |||
** Interaktion/Beziehungsgestaltung → prosozial, selbstwertdienlich → Perspektivwechsel, Annahmen über andere Menschen, Verhaltensexperimente, Umgang mit Kritik und Misserfolg → GSK | |||
** Diskrepanz zwischen Anspruch und Erfolg → realistisches Selbstbild und Ziele | |||
** Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns und Lebens | |||
** → größere Kongruenz zwischen Erleben, Bedürfnissen und Vorstellungen von sich selbst | |||
* Beziehungsgestaltung: | |||
** Übereinstimmung in Zielen und Aufgaben (Arbeitsbündnis) | |||
** komplementäre Beziehungsgestaltung | |||
** Kongruenz, Echtheit, Empathie | |||
** persönliche Reaktion → emotionale Konsequenzen des Verhaltens beim Gegenüber (→ [[CBASP]]!) | |||
** hohe Akzeptanz für selbstbewusste, eitle, dominante, ehrgeizige Menschen | |||
[[Kategorie:Persönlichkeitsstörungen]] | [[Kategorie:Persönlichkeitsstörungen]] |
Aktuelle Version vom 10. Oktober 2016, 14:07 Uhr
Diagnose
- ICD-10: ICD-10-Persönlichkeitsstörung#narzisstische_PS
- Kritik: erfasst nur grandiose, nicht vulnerable Seite des Narzissmus
psychodynamisch
Freud
- primärer Narzissmus: notwendige Entwicklungsstufe des Übergangs vom Autoerotismus zur Objektliebe
- sekundärer Narzissmus: Rücknahme der libidinösen Objektbesetzung mit Fixierung
- Narzissmusbegriff:
- klinisch: sexuelle Perversion, eigener Körper als Sexualobjekt
- psychogenetisches Entwicklungsstadium
- Objektbeziehungen: Typ der Objektwahl und Beziehung zur Umwelt
- Regulation des Selbstwertgefühls
- Therapie:
- wegen mangelnder Onjektlibido fehlende Fähigkeit für Übetragungen
- Deutung der Triebabwehr, Distanzierung von infantilen Triebansprüchen
Kohut
- siehe Selbstpsychologie
- temporärer Verlust der Selbstkohärenz
- Mangel an aktueller Selbstobjekterfahrung (Selbstobjekt = subjektives Erleben eines Mitmenschen als Stütze unseres Selbst)
- Entwicklung:
- virtuelles Selbst = Vorstellungen/innere Bilder der Eltern über ihr Kind → primäre Begegnung mit dem Kind
- archaisches Selbst = Verschmelzungsbedürfnisse mit spiegelnden und idealisierten Selbstobjekten
unvermeidliche Versagung →- Größenselbst: "Ich bin perfekt"
- idealisiertes Elternimago: "Du bist perfekt" → Internalisierung: "Ich bin ein teil von Dir"
- reifes Selbst:
- infantile Omnipotenz → Realitätssinn
- infantile Grandiosität → reifes Selbstwertempfinden
- Therapie:
- Entwicklung von Selbstkohärenz
- Widerstandsdeutungen → Entwicklung von Selbstobjekt-Übertragungen
- Umgang mit Beziehungsabbrüchen
- Deutung des inneren Erlebens, Empathie
- aggressives Verhalten → Empathieversagen des Therapeuten
Kernberg
- Selbstwertstörung und Störung des Objektbeziehungen
- Unterscheidung:
- gesunder/normaler Narzissmus: libidinöse Besetzung einer gesunden Selbststruktur
- pathologischer Narzissmus: libidinöse Besetzung einer pathologischen Selbststruktur
- Abwehrstruktur gegen orale Aggression und frühe Spaltungen → pathologische Selbststruktur
- strukturelles Defizit: Realselbst = Idealselbst = Idealobjekt → Grandiosität
- Regression auf frühes Entwicklungsstadium mit unscharf getrennten Selbst-/Objektrepräsentanzen
- maligner Narzissmus: Form des path. N. mit antisozialem Verhalten, paranoide Haltung, ichsyntoner Sadismus
- Therapie:
- Pat. kann weder Abhängigkeit ertragen noch Dankbarkeit empfinden
- strikte Neutralität → Übertragungsdeutungen von Neid und Hass
- Entwicklung von Schuldgefühlen und Dankbarkeit → Rückgang an Spaltungen und negativer Übertragung, Integration von Selbst-/Objektrepräsentanzen
- Projektion des idealen Selbst → Umwandlung in gute Elternfigur
- Klarifikation, Konfrontation und Deutung im Hier und Jetzt
verhaltenstherapeutisch
Doppelte Selbstwertregulation
- grandioser Selbstanteil:
- unbeirrt, offen, dickhäutig
- hohe explizite Selbstwertschätzung (= positives Selbstschema): Selbstaufwertung bei Abwertung anderer, geringe Empathie, dominant-aggressives Interaktionsverhalten
- vulnerabler Selbstanteil:
- hypervigilant, verdeckt, dünnhäutig
- geringe implizite Selbstwertschätzung (= negatives Selbstschema) → Scham, Unsicherheit, Angst, Einsamkeit
- Selbstwertdiskrepanz ⇒ instabiler Selbstwert, dysfunktionale Strategien der Selbstwertstabilisierung, egozentrische Selbstaufwertung
- → dysfunktionale und maladaptive Strategie zur Befriedigung von Grundbedürfnisen, die in der Entwicklungsgeschichte mißachtet wurden
- → inkompatible emotionale Kernselbstanteile, im Mittelpunkt problematische Emotionen wie Scham, Minderwertigkeit, Hilflosigkeit, Angst
- → intensiv, durch Erfahrung nicht modifizierbar oder korrigierbar, undifferenziert
- → können nicht reguliert, sondern nur vermieden oder bekämpft werden
- → Aktivierung narzisstischer Schemata: Grandiosität, Perfektionismus, Illusion von Autonomie und Autarkie, Ärger, Aggressivität, Abwertung anderer
- Störung der selbstbezogenen Emotionsregulation
negative Selbstschemata
- das inkompetente Selbst (Scham, Hilfslosigkeit, Angst, Minderwertigkeit): erlebte Demütigung, Verletzung und Bloßtellung angesichts subjektiven oder objektiven Scheiterns oder Versagens
- das verlassene Selbst (Einsamkeit, innere Leere): ausgelöst durch Situationen der Betätigungs- bzw. Ereignislosigkeit, dem auf sich selbst zurückgeworfen sein oder der Erkenntnis, von anderen abhängig zu sein; dieser aversive Zustand wird oft durch kompensatorische Hyperaktivität, Hypersexualität sowie Suchtmittelgebrauch bekämpft bzw. vermieden
grandiose Selbstschemata
- dysfunktionale Bewältigungsstrategien (explizit hohes Selbstwertgefühl), um Aktivierung der negativen Selbstschemata zu vermeiden
- das grandiose Selbst (Euphorie, Stolz): Grandiosität, Überlegenheit, Arroganz und Besonderheit, verbunden mit Selbstidealisierung
- das gekränkte Selbst (Ärger, Wut, Neid): bei Ausbleiben von antizipierter Gratifikation - vor allem im Zusammenhang mit dem Nicht-Erreichen angestrebter Ziele oder ausbleibender Anerkennung, Bewunderung oder Versorgung - reagieren die Patienten mit den genannten Emotionen; häufig einhergehend mit Abwertung der eigenen Person oder anderer und Aggressivität
- das distanzierte Selbst (Gleichgültigkeit, Desinteresse): um sich gegen äußere und innere Stimuli zu wappnen, welche negative Selbstschemata aktivieren können, nimmt der Patient eine desinteressierte, scheinbar unbeteiligte Haltung ein
- bei Misslingen der Bewältigungsstrategien ⇒ depressive Einbrüche, Suizidalität, fremdaggressives Verhalten → bedeutende Rolle von Schamgefühlen
weiblicher Narzissmus
- pathologische Muster:
appellativ | passiv-regressiv | "dependent and demanding" &rarr, krise bei Verlust des selbstwertregulietenden Objekts |
---|---|---|
phallisch | progressiv | autonom, kühl, zielbewusst; braucht aber ko-narzisstische Begleitung |
moralisch | regressiv/progressiv | "Opferhaltung", aktive Inszenierung → Zuwendung, Sympathie, Solidarität → "Retter und Heiler" |
- Behandlung:
- Abwertungsprozesse erkennen
- Scham und Kränkung bennenen und besprechen
- Kommunikation der Wirksamkeit
- Beziehung schaffen und reflektieren
Therapie
- Strategien und Ziele:
- therapeutische Beziehungsgestaltung
- Einsicht in doppelte Selbstwertregulation → Funktionalität → Überlebensregel/Grundannahmen
- Emotionsregulation (Scham, Angst, Einsamkeit)
- Entdeckung/Akzeptanz/Befriedigung vermiedener Bedürfnisse (Kontakt, Zugehörigkeit, Ruhe/Entspannung, Kreativität)
- Interaktion/Beziehungsgestaltung → prosozial, selbstwertdienlich → Perspektivwechsel, Annahmen über andere Menschen, Verhaltensexperimente, Umgang mit Kritik und Misserfolg → GSK
- Diskrepanz zwischen Anspruch und Erfolg → realistisches Selbstbild und Ziele
- Sinnhaftigkeit des eigenen Handelns und Lebens
- → größere Kongruenz zwischen Erleben, Bedürfnissen und Vorstellungen von sich selbst
- Beziehungsgestaltung:
- Übereinstimmung in Zielen und Aufgaben (Arbeitsbündnis)
- komplementäre Beziehungsgestaltung
- Kongruenz, Echtheit, Empathie
- persönliche Reaktion → emotionale Konsequenzen des Verhaltens beim Gegenüber (→ CBASP!)
- hohe Akzeptanz für selbstbewusste, eitle, dominante, ehrgeizige Menschen