Entwicklungspsychologie: Unterschied zwischen den Versionen

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== Grundlagen ==
== Grundlagen ==


* Entwicklung als lebenslanger Prozess
* Metatheorie-Konzept:
** Entwicklung als lebenslanger Prozess
** Multidirektionalität, z.B. differenzielle Entwicklung fluider/kristalliner Intelligenz
** Entwicklung als Gewinn und Verlust, Optimierung durch Selektion, Adaption, Kompensation (→ Altern)
** Plastizität
** geschichtliche Einbettung
** Kontextualismus
** multidisziplinäre Betrachtung
* aktive Rolle des Individuums
* aktive Rolle des Individuums
* Entwicklungsdynamik in ersten Jahren ausgeprägt
* Entwicklungsdynamik in ersten Jahren ausgeprägt
* Auseinandersetzung mit alterstypischen Entwicklungsaufgaben
* 3 Komponenten:
** normative Aufgaben
*# '''normative Aufgaben'''
** Bewältigung abh. von individuellen Faktoren
*#* Auseinandersetzung mit alterstypischen Entwicklungsaufgaben
** erschwert durch Zusammenfallen mehrerer E-Aufgaben → psychische Störungen
*#* Übergänge → Vulnerabilität
* Auswirkung von nicht normativen Lebensereignissen
*#* Bewältigung abh. von individuellen Faktoren
*#* erschwert durch Zusammenfallen mehrerer E-Aufgaben → psychische Störungen
*# '''nicht-normative Lebensereignisse'''
*#* nicht regelhaft
*#* hohe Anpassungsleistung
*# '''kulturelle Faktoren'''
*#* historischer Kontext
* Kenntnisse wichtig für Einschätzung des Krankheitswertes von Symptomen
* Kenntnisse wichtig für Einschätzung des Krankheitswertes von Symptomen


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* Motorik: regelhafter Ablauf, komplexer, systematischer Vorgang
* Motorik: regelhafter Ablauf, komplexer, systematischer Vorgang
* kaum durch Training beeinflussbar, Verzögerung durch äußere Faktoren möglich
* kaum durch Training beeinflussbar, Verzögerung durch äußere Faktoren möglich
* Wahrnehmung: geringe Konditionierungsfähigkeit → Schutz vor "Erziehungsfehlern"
* Wahrnehmung: geringe Konditionierungsfähigkeit → häufige Wiederholung nötig → Schutz vor "Erziehungsfehlern"
* ab 18 Monaten Bevorzugung von anderen Kleinkindern als Spielpartner (vor Mutter)
* Gedächtnis:
* Gedächtnis:
** Gedächtnisspanne: 7 + 2 (trainierbar → Organisation/Gruppierung)
** Gedächtnisspanne: 7 + 2 (trainierbar → Organisation/Gruppierung)
** ab 6 Monaten Gedächtnisspuren nachweisbar (Fremdeln)
** ab 6 Monaten Gedächtnisspuren nachweisbar (→ "Fremdeln")
** mit 8-10 Jahren gleich wie Erwachsene
** mit 8-10 Jahren gleich wie Erwachsene
** Wiederinnern = aktive Rekonstruktion → Transformation durch wiederholten Abruf
** Wiederinnern = aktive Rekonstruktion → Transformation durch wiederholten Abruf
** emotionale Faktoren wichtig beim Wiederfinden von Inhalten
** emotionale Faktoren wichtig beim Wiederfinden von Inhalten
** in jedem Alter sinnvoll strukturiert und an persönlichen Bedeutungen orientiert
** in jedem Alter sinnvoll strukturiert und an persönlichen Bedeutungen orientiert
== Lebensphasen ==
{| class="wikitable"
! Phase !! Alter
|-
| frühe Kindheit
| 0-3
|-
| Kindheit
| 4-12
|-
| Jugend, Pubertät, Adoleszenz
| 13-21
|-
| frühes Erwachsenenalter
| 18-30
|-
| mittleres Erwachsenenalter
| 30-60
|-
| höheres Erwachsenenalter, Alter
| > 60
|}
== Entwicklungsstufen nach Kegan ==
* basierend auf Jean Piaget:
** Entwicklung = Wechselspiel zwischen Assimilation (Selbsterhaltung) und Akkomodation (Selbstveränderung)
** Entwicklung = Veränderung vom Eingebundensein zur Beziehung
{| class="wikitable"
! Stufe !! Konflikt
|-
| einverleibend || Versorgung vs. Autarkie (Geborgenheit vs. Selbst machen/können)
|-
| impulsiv || Abhängigkeit vs. Autonomie (Schutz vs. Selbstbestimmung)
|-
| souverän || Impuls vs. Steuerung (Bedürfnisbefriedigung vs. Kontrolle)
|-
| zwischenmenschlich || Hingabe vs. Identität (Beziehung vs. Selbsterhalt)
|-
| institutionell || Gesetz vs. Freiheit (Gesellschaft vs. Individuum)
|-
| überindividuell || freie Entscheidung für innere und kulturelle Werte
|}
* Errungenschaften/Defizite der aktellen Entwicklunsstufe:
{| class="wikitable"
| Fähigkeiten || Ich kann schon - Ich kann noch nicht
|-
| Bedürfnisse || Ich brauche noch - Ich brauche  nicht mehr
|-
| Ängste || Ich fürchte noch - Ich fürchte nicht mehr
|-
| Identität || Ich bin nicht mehr - Ich bin noch - Ich bin noch nicht
|}
== psychosoziale Entwicklung nach Erikson ==
* epigenetisches psychosoziales Entwicklungsmodell von Erik Erikson
* Erweiterung der Freudschen Triebentwicklung
* Zusammenwirken von körperlicher Reifung und sozialen Anforderungen
* 8 Phasen mit spezifischen Entwicklungsthemen (Konflikten)
* positiver/negativer Verlauf
{| class="wikitable"
! Phase !! Alter !! Identität || Thema/Konflikt || positive Bewältigung || negativer Verlauf
|-
| 1
| 0-1
| "Ich bin, was man mir gibt."
| Ur-Vertrauen vs. Ur-Misstrauen
| Vertrauen in Beziehungen
| Angst vor Verlassenwerden, Abhängigkeit, Hilflosigkeit
|-
| 2
| 2-3
| "Ich bin, was ich will."
| Autonomie vs. Scham/Zweifel
| Verfolgen eigener Ziele, positiven Selbstkonzept, Identität, Schöpfer, Etwas-Wollen-Dürfen
| Scham über/Zweifel an eigene Bedürfnisse und Wünsche, Darf-ich-Wollen?
|-
| 3
| 4-5
| "Ich bin, was ich mir vorstellen kann zu werden."
| Initiative vs. Schuldgefühl
| gesundes Streben nach Leistung und Unabhängigkeit
| Schuldgefühl, Selbsteinschränkung, oder Überkompensation → ständige Initiative/Leistung, Zwanghaftigeit
|-
| 4
| 6-12
| "Ich bin, was ich lerne."
| Werksinn vs. Minderwertigkeit
| Kompetenz, Teilnahme am "erwachsenen" echten Leben
| Minderwertigkeit, mangelndes Selbstbewusstsein, Angst vor Leistung/Versagen
|-
| 5
| 13-18
| "Ich bin, was ich bin"
| Identitätsfindung vs. Identitäsdiffusion
| Selbstbild, soziale Rolle, Zugehörigkeit
| Intoleranz, Zurückweisung, Mitläufer
|-
| 6
| 20-30
| "Wir sind, was wir lieben."
| Intimität vs. Isolation
| Beziehungen auf Augenhöhe
| Isolation, Selbst-Bezogenheit, Selbstaufopferung/Verschmelzung
|-
| 7
| 30-60
| "Ich bin, was ich bereit bin zu geben."
| Generativität vs. Stagnation
| Kinder großziehen, Wissen weitergeben, künstlerisch tätig sein, "Brauchbares hinterlassen"
| übermäßige Bemutterung, Leere/Langweile, zwischenmenschliche Verarmung
|-
| 8
| > 60
| "Ich bin, was ich mir angeeignet habe."
| Integrität vs. Verzweiflung
| Rückblick, Akzeptanz, Weisheit
| Todesangst, Verzweiflung, Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben
|}


== Bindungsentwicklung ==
== Bindungsentwicklung ==
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== Sexualität ==
== Sexualität ==


* siehe [[infantile Sexualität]]
* siehe [[Entwicklungsphasen nach Freud]]


[[Kategorie:Grundlagen]]
[[Kategorie:Grundlagen]]

Aktuelle Version vom 13. März 2017, 14:09 Uhr

Grundlagen

  • Metatheorie-Konzept:
    • Entwicklung als lebenslanger Prozess
    • Multidirektionalität, z.B. differenzielle Entwicklung fluider/kristalliner Intelligenz
    • Entwicklung als Gewinn und Verlust, Optimierung durch Selektion, Adaption, Kompensation (→ Altern)
    • Plastizität
    • geschichtliche Einbettung
    • Kontextualismus
    • multidisziplinäre Betrachtung
  • aktive Rolle des Individuums
  • Entwicklungsdynamik in ersten Jahren ausgeprägt
  • 3 Komponenten:
    1. normative Aufgaben
      • Auseinandersetzung mit alterstypischen Entwicklungsaufgaben
      • Übergänge → Vulnerabilität
      • Bewältigung abh. von individuellen Faktoren
      • erschwert durch Zusammenfallen mehrerer E-Aufgaben → psychische Störungen
    2. nicht-normative Lebensereignisse
      • nicht regelhaft
      • hohe Anpassungsleistung
    3. kulturelle Faktoren
      • historischer Kontext
  • Kenntnisse wichtig für Einschätzung des Krankheitswertes von Symptomen

frühe Kompetenzen

  • Motorik: regelhafter Ablauf, komplexer, systematischer Vorgang
  • kaum durch Training beeinflussbar, Verzögerung durch äußere Faktoren möglich
  • Wahrnehmung: geringe Konditionierungsfähigkeit → häufige Wiederholung nötig → Schutz vor "Erziehungsfehlern"
  • ab 18 Monaten Bevorzugung von anderen Kleinkindern als Spielpartner (vor Mutter)
  • Gedächtnis:
    • Gedächtnisspanne: 7 + 2 (trainierbar → Organisation/Gruppierung)
    • ab 6 Monaten Gedächtnisspuren nachweisbar (→ "Fremdeln")
    • mit 8-10 Jahren gleich wie Erwachsene
    • Wiederinnern = aktive Rekonstruktion → Transformation durch wiederholten Abruf
    • emotionale Faktoren wichtig beim Wiederfinden von Inhalten
    • in jedem Alter sinnvoll strukturiert und an persönlichen Bedeutungen orientiert

Lebensphasen

Phase Alter
frühe Kindheit 0-3
Kindheit 4-12
Jugend, Pubertät, Adoleszenz 13-21
frühes Erwachsenenalter 18-30
mittleres Erwachsenenalter 30-60
höheres Erwachsenenalter, Alter > 60

Entwicklungsstufen nach Kegan

  • basierend auf Jean Piaget:
    • Entwicklung = Wechselspiel zwischen Assimilation (Selbsterhaltung) und Akkomodation (Selbstveränderung)
    • Entwicklung = Veränderung vom Eingebundensein zur Beziehung
Stufe Konflikt
einverleibend Versorgung vs. Autarkie (Geborgenheit vs. Selbst machen/können)
impulsiv Abhängigkeit vs. Autonomie (Schutz vs. Selbstbestimmung)
souverän Impuls vs. Steuerung (Bedürfnisbefriedigung vs. Kontrolle)
zwischenmenschlich Hingabe vs. Identität (Beziehung vs. Selbsterhalt)
institutionell Gesetz vs. Freiheit (Gesellschaft vs. Individuum)
überindividuell freie Entscheidung für innere und kulturelle Werte
  • Errungenschaften/Defizite der aktellen Entwicklunsstufe:
Fähigkeiten Ich kann schon - Ich kann noch nicht
Bedürfnisse Ich brauche noch - Ich brauche nicht mehr
Ängste Ich fürchte noch - Ich fürchte nicht mehr
Identität Ich bin nicht mehr - Ich bin noch - Ich bin noch nicht

psychosoziale Entwicklung nach Erikson

  • epigenetisches psychosoziales Entwicklungsmodell von Erik Erikson
  • Erweiterung der Freudschen Triebentwicklung
  • Zusammenwirken von körperlicher Reifung und sozialen Anforderungen
  • 8 Phasen mit spezifischen Entwicklungsthemen (Konflikten)
  • positiver/negativer Verlauf
Phase Alter Identität Thema/Konflikt positive Bewältigung negativer Verlauf
1 0-1 "Ich bin, was man mir gibt." Ur-Vertrauen vs. Ur-Misstrauen Vertrauen in Beziehungen Angst vor Verlassenwerden, Abhängigkeit, Hilflosigkeit
2 2-3 "Ich bin, was ich will." Autonomie vs. Scham/Zweifel Verfolgen eigener Ziele, positiven Selbstkonzept, Identität, Schöpfer, Etwas-Wollen-Dürfen Scham über/Zweifel an eigene Bedürfnisse und Wünsche, Darf-ich-Wollen?
3 4-5 "Ich bin, was ich mir vorstellen kann zu werden." Initiative vs. Schuldgefühl gesundes Streben nach Leistung und Unabhängigkeit Schuldgefühl, Selbsteinschränkung, oder Überkompensation → ständige Initiative/Leistung, Zwanghaftigeit
4 6-12 "Ich bin, was ich lerne." Werksinn vs. Minderwertigkeit Kompetenz, Teilnahme am "erwachsenen" echten Leben Minderwertigkeit, mangelndes Selbstbewusstsein, Angst vor Leistung/Versagen
5 13-18 "Ich bin, was ich bin" Identitätsfindung vs. Identitäsdiffusion Selbstbild, soziale Rolle, Zugehörigkeit Intoleranz, Zurückweisung, Mitläufer
6 20-30 "Wir sind, was wir lieben." Intimität vs. Isolation Beziehungen auf Augenhöhe Isolation, Selbst-Bezogenheit, Selbstaufopferung/Verschmelzung
7 30-60 "Ich bin, was ich bereit bin zu geben." Generativität vs. Stagnation Kinder großziehen, Wissen weitergeben, künstlerisch tätig sein, "Brauchbares hinterlassen" übermäßige Bemutterung, Leere/Langweile, zwischenmenschliche Verarmung
8 > 60 "Ich bin, was ich mir angeeignet habe." Integrität vs. Verzweiflung Rückblick, Akzeptanz, Weisheit Todesangst, Verzweiflung, Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben

Bindungsentwicklung

Bindung

Sexualität