Angststörungen: Unterschied zwischen den Versionen

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== Therapie ==
== Therapie ==


* '''Psychoedukation''': Komponenten der Angst und normale Prozesse
* Ziel: Vertrauen in eigenen Körper und Emotionsregulation
* '''Psychoedukation''': Komponenten der Angst und normale Prozesse, erwarteter vs. realistischer Angstverlauf
* Ziele initial divergierend:
** Patient: "Angst soll weg, weniger Angst"
** Therapeut: "Der Weg aus der Angst ist der Weg in die Angst"
** ⇒ Therapiemotivation → Veränderungsmotivation aufbauen (Konsequenzenanalyse, positive Ziele)
* Bedingungsanalyse
* Bedingungsanalyse
* Analyse und Unterlassen von '''Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten'''
* therapeutenbegleitete '''Expositions-/Konfrontationstherapie mit Reaktionsverhinderung'''  
* therapeutenbegleitete '''Expositions-/Konfrontationstherapie mit Reaktionsverhinderung'''  
* Analyse und Unterlassen von '''Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten'''
** '''Verhaltensexperimente/interozeptive Exposition/Provokationsübungen''': Hyperventilation, Schwindelübungen, Gegenstand lange halten, körperliche Anstrengung
** '''Setting''': in sensu/in vivo, graduiert/massiert ("flooding"), kurz/verlängert, begleitet/alleine, Einzel/Gruppe
* Makroebene: System/Familie/Beziehungen → Funktionalität, Angehörige einbeziehen
* Makroebene: System/Familie/Beziehungen → Funktionalität, Angehörige einbeziehen
* primär Stabilisierungs- und Affektsteuerungstechniken
* ggf. DBT-Skills vor Exposition, CAVE PTSD
* ggf. DBT-Skills vor Exposition, CAVE PTSD
* Sport
* Sport

Version vom 9. August 2016, 15:26 Uhr

Grundlagen

  • oft Komorbidität: Depression, Substanzmissbrauch
  • 2-Faktoren-Modell nach Mowrer
  • Aufschaukelungsprozess kognitive (Bewertung) und körperliche Symptome → Teufelskreis "Angst vor der Angst"
  • Vulnerabilitäts-Stress-Modell

Klassifikation

Phobische Störungen Merkmal
Panikstörung plötzlich auftretend, starke körperliche Symptome, Angst zu sterben/verrückt zu werden, unabhängig von Situation/Auslöser
Agoraphobie ohne/mit Panikstörung Angst vor Orten, wo Flucht schwierig ist oder peinlich wäre; Begleitperson reduziert Angst
Soziale Phobie Angst vor Aufmerksamkeit, sich peinlich zu verhalten, negativ bewertet zu werden
Spezifische Phobie beschränkt auf einzelne Situation (Spinnen, Blut, Höhe, Enge)
Generalisierte Angststörung unterschwelliger Dauerzustand, ständige Sorgen, "Meta-Sorgen"
Angst und Depression gemischt möglichst nicht vergeben
  • Panikattacke: starke körperliche Symptome, plötzlich auftretend, klar abgrenzbar, Maximum innerhalb 10 min., Abklingen nach 30 min.
  • Agoraphobie: wegen Vermeidung selten Panikattacken!

Diagnose

Ebene Symptome
emotional hilflos, ängstlich
Verhalten Vermeidung, Flucht, Rückzug
somatisch Schwitzen, Herzrasen, Schwindel
kognitiv "Ich kippe um, ich werde verrückt, ich sterbe", Sorgen
  • somatische DD
    • Lungenerkrankungen (Asthma)
    • Herzerkrankungen (Angina pectoris, Arrhythmien)
    • neurologische Erkrankungen (Anfallsleiden, verstibuläre Störung
    • endokrine Störungen (Hyperthyreose, Phäochromozytom, Hypoglykämie)
    • Substanzmissbrauch/Drogen
  • somatische Diagnostik:
    • Anamnese/Untersuchung
    • BB, BZ, Ca, K, TSH
    • EKG mit langem Streifen
    • ggf. LuFu, cMRT, EEG
  • therapeutische Diagnostik:
    1. Ängste → ACQ (Anxiety Cognition Quetionnaire)
    2. Symptome → BSQ (Body Symptoms Quetionnaire)
    3. Vermeidung → MI (Mobilitätsinventar)
  • Komorbidität/Differentialdiagnose:

Realangst

  • z.B. Progredienzangst bei chronischen Erkrankungen, reale Bedrohung bei PTSD

Blutphobie/Spritzenphobie

  • typische biphasische autonome Reaktion auf:
    1. Sympathikus-Aktivierung → Hypertonie, Tachykardie
    2. Überreaktion des Parasympathikus → Hypotonie und Bradykardie → Synkope
  • Therapie:
    • applied tension = angewandte Anspannung → wiederholte Anspannung großer Muskelpartien
    • besser: hinlegen

Therapie

  • Ziel: Vertrauen in eigenen Körper und Emotionsregulation
  • Psychoedukation: Komponenten der Angst und normale Prozesse, erwarteter vs. realistischer Angstverlauf
  • Ziele initial divergierend:
    • Patient: "Angst soll weg, weniger Angst"
    • Therapeut: "Der Weg aus der Angst ist der Weg in die Angst"
    • ⇒ Therapiemotivation → Veränderungsmotivation aufbauen (Konsequenzenanalyse, positive Ziele)
  • Bedingungsanalyse
  • Analyse und Unterlassen von Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten
  • therapeutenbegleitete Expositions-/Konfrontationstherapie mit Reaktionsverhinderung
    • Verhaltensexperimente/interozeptive Exposition/Provokationsübungen: Hyperventilation, Schwindelübungen, Gegenstand lange halten, körperliche Anstrengung
    • Setting: in sensu/in vivo, graduiert/massiert ("flooding"), kurz/verlängert, begleitet/alleine, Einzel/Gruppe
  • Makroebene: System/Familie/Beziehungen → Funktionalität, Angehörige einbeziehen
  • ggf. DBT-Skills vor Exposition, CAVE PTSD
  • Sport

Medikation

  • in Eindosierungsphase häufig Verstärkung von Unruhe und Angstsymptomen → Aufklären, Durchhalten
  • SSI/SNRI niedrige Dosis-Response-Kurze → 75% Ansprechen auf niedrige Initialdosis
  • β-Blocker: kurzfristig bei Prüfungsangst
  • bei Alpträumen: Doxazosin
  • nach Remission Fortführung 6-12 Monate in gleicher Dosis
  • Benzodiazepine nur in Ausnahmefällen, ansonsten kontraindiziert im ganzen Prozess, v.a. initial → verhindern Lerneffekt

Agoraphobie/Panikstörung

  • 1. Wahl:
    • SSRI: Citalopram, Escitalopram, Paroxetin, Sertralin
    • SNRI: Venlafaxin
  • 2. Wahl: Clomipramin (wenn SSRI/SNRI nicht wirksam/nicht vertragen)

generalisierte Angststörung

  • 1. Wahl:
    • SSRI: Escitalopram, Paroxetin
    • SNRI: Duloxetin, Venlafaxin
  • 2. Wahl: Pregabalin
  • Alternativen: Buspiron, Opipramol
  • nicht zugelassen, aber Wirksamkeitsnachweis: Imipramin, Quetiapin

soziale Phobie

  • 1. Wahl:
    • SSRI: Paroxetin, Sertralin, Escitalopram
    • SNRI: Venlafaxin
  • Alternativ: Moclobemid