Posttraumatische Belastungsstörung

Aus psych-med

PTBS = PTSD (posttraumatic stress disorder)

Traumatisierung

  • Bedrohung der eigenen körperlichen und psychischen Unversehrtheit oder der von anderen
  • reale Gefahr für sich oder andere erlebt, beobachtet oder damt konfrontiert
  • intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen
  • Unterscheidung ("Schuld"): Mensch oder Umwelt
  • größtes Risiko für PTBS:
    • sexuelle Übergriffe
    • Krieg, Folter, Vertreibung
  • nicht zu vernachlässigen:
    • Mitteilung einer med. Diagnose (chron. oder tödliche Erkrankung, z.B. Krebs)
    • Aufenthalte auf Intensivstation
Typ Merkmale Beispiele Konsequenzen
Typ I einzelnes, unerwartetes Eriegnis von kurzer Dauer Vergewaltigung im Erwachsenenalter, schwerer Verkehrsunfall, Überfall, Naturkatastrophe meist kalre, lebendige Erinnerungen; Vollbild der PTSD; meist schnelle Remission, gute Prognose
Typ II Serie von verbundenen Ereignissen oder langandauerndes Ereignis wiederholte sexuelle/körperliche Gewalt in der Kindheit oder Partnerschaft, Geiselhaft, Kriegserfahrung oft diffuse, bruchstückhafte Erinnerungen; Dissoziationsneigung; dysfunktionale Grundüberzeugungen/Schemata; komplexe PTSD; schlechtere Prognose

Verlauf

  • Trauma
    • → Bewältigung
      • → Integration/Kompensation
    • → Anpassungsstörung
      • → Bewältigung → Integration/Kompensation
      • → Depression, Angst, Somatisierung, Sucht
    • akute Belastungsreaktion
      • → Bewältigung → Integration/Kompensation
      • → Depression, Angst, Somatisierung, Sucht
      • → PTBS
        • → komplexe PTBS, Persönlichkeitsveränderung
  • Zahlen:
    • 50% Remission nach 6 Monaten
    • sexueller Missbrauch: 7% bei Frauen, 1,4% bei Männern
    • hohe Dunkelziffer: nur 10-20% werden angezeigt
    • BPS: 40-70% komplexe PTBS
    • chronische Depression: 60% frühes Trauma

Symptome

  • Wiedererleben des Traumas: Intrusionen, Flashbacks, Alpträume, Geruchts-/Geschmacks-/Körpererinnerungen → Realitätsverlust
  • dauerhafte Übererregung: Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen
  • Vermeidungsverhalten: alle mit Trauma assoziierten Stimuli (Männer, Sexualität, Dunkelheit, Orte, ...)
  • emotionale Taubheit: innere Leere, Freud- und Interesselosigkeit
  • chronische Suizidalität
  • Selbstwertverlust, Vertrauensverlust, Schuld- und Schamgefühle

komplexe PTSD

  • DSM-IV, Anhang: Disorder of Extreme Stress Not Otherwise Specified (DESNOS)
    1. Veränderungen in der Affekt- und Impulsregulation: Umgang mit Ärger, autodestruktives Verhalten, Suizidalität, Störungen der Sexualität, exzessives Risikoverhalten (→ BPS

II. Veränderungen in Aufmerksamkeit und Bewusstsein (Amnesien, zeitlich begrenzte dissoziative Episoden und Depersonalisationserleben) III. Veränderungen der Selbstwahrnehmung (Ineffektivität, Stigmatisierung, Schuldgefühle, Schamhaftigkeit, Isolation und Bagatellisierung, Verlust des Selbstwertgefühls) IV. Veränderungen in Beziehungen zu anderen (Unfähigkeit anderen Personen zu vertrauen, Reviktimisierung, Viktimisierung anderer Personen) V. Somatisierung (Gastrointestinale Symptome, chronische Schmerzen, kardiopulmonale Symptome, Konversionssymptome, sexuelle Symptome) VI. Veränderungen von Lebenseinstellungen (Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit, Verlust früherer stützender Grundüberzeugungen)


  • ICD-10: Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung (F62.0)


Therapie

Psychotherapie

  • KVT
    • Expositionen:
      • über das Trauma sprechen
      • Abbau von Vermeidungs- und Sicherheitsverhalten (Hierarchie, Alltagsrelevanz)
    • Umgang mit Intrusionen und Flashbacks:
      • kurzfristig: Skills
      • langfristig: Triggeranalyse, Reizdiskrimination ("damals und dort, hier und jetzt" → nicht real, "nur" Erinnerungen/Bilder/Gefühle)
    • Imaginationsübungen: Sicherer Ort, Tresorübung → Kontrolle über Bilder, Ressourcenstärkung → wiederholen und üben, ggf. modifizieren; Symbol → Anker (→ Gestaltungstherapie)
    • keine Entspannungs-, besser Achtsamkeitsübungen (Augen auf)
    • Abbau von Schuldgefühlen: Psychoedukation, (Illusion von) Kontrolle, Schutz des Selbstbildes oder von Beziehungen bzw. Bild von anderen → Denkfehler der Retrospektive; Schuldgefühle vs. Schuld
    • Beziehungsgestaltung: Woran erkenne ich eine gute/funktionierende Beziehung?
  • EMDR
  • Imagery Rescripting and Reprocessing Therapy
  • Psychodynamisch Imaginative Trauma Therapie nach Luise Reddemann
  • Hypnotherapie
  • Narrative Expositionstherapie

Medikamente

  • in der Frühphase nach Traumatisierung
    • keine Benzos → deutliche Prognoseverschlechterung
    • andere Pharmaka: Nutzen unklar
  • bei Vollbild PTSD:
    • SSRi zugelassen (in D: Paroxetin), hochdosiert und lange
    • atypische Neuroleptika bei Therapieresistenz
    • bei Alpträumen: Prazosin 2-10 mg (Cave: Kreislauf/Blutdruck)