Kognitive Verhaltenstherapie

Aus psych-med

Grundlagen

  • "zweite Welle" der VT
  • Grundidee: "Es sind nicht die Dinge, die uns beunruhigen, sondern die Meinungen, die wir von den Dingen haben." (Epiktet)
  • Kognitionen: Einstellungen, Gedanken, Bewertungen, Überzeugungen

Modelle

Modell der erlernten Hilflosigkeit nach Seligmann

  • wiederholte Erfahrung von Ausweglosigkeit aus unangenehmer Situation → Ohnmacht, Kontrollverlust
  • → psychische und somatische Symptome, v.a. Passivität, Resignation, Appetitlosigkeit
  • therapeutische Implikation:
    • Transparenz (Orientierung)
    • Fördern von Selbstwirksamkeit (Kontrolle)
    • Überprüfen der Attributionen (intern/extern)

kognitive Depressionstheorie nach Aaron T. Beck

  • kognitive Triade: negative/pessimistische Sichtweise von
    1. sich selbst
    2. der Welt
    3. der Zukunft
  • Grundannahmen: negative kognitive Schemata/Überzeugungen, aktivieren
  • automatische Gedanken: schnell, sofort auftretende, meist unbewusste Kognitionen, häufig verzerrt
  • Denkfehler: typische kognitive Verzerrungen → neue, widersprechende Erfahrungen werden verzerrt interpretiert
    • willkürliche Schlüsse
    • selektive Abstraktion
    • Übergeneralisierungen
    • Über-/Untertreibungen

kognitive Depressionstheorie nach Albert Ellis

kognitive Verhaltensmodifikation nach Meichenbaum

  • Grundidee: internalisierte "Anweisungen" → "innerer Monolog"
  • "erlernte Hilflosigkeit" (Seligmann) → "erlernter Einfallsreichtum"
  • Therapie:
    • Fähigkeit zur Selbstverbalisation, Bewältigungssätze
    • Selbstinstruktionstraining:
      1. Therapeut macht vor, spricht Selbstinstruktion dazu
      2. Patient übernimmt, spricht Selbstinstruktion, Therapeut gibt Hinweis(bilder)
      3. Automatisieren, leiser sprechen
      4. inneres Sprechen
    • Stressimpfung:
      1. Informationsphase: Problemanalyse, Selbstverbalisierungen → SORKC-Modell
      2. Übungsphase: hilfreiche Kognitionen, Entspannungstraining, Konfrontation, Selbstverstärkung
      3. Anwendungsphase
    • Identifikation automatischer Gedanken
    • Spaltentechnik, Hinterfragen
    • Realitätsüberprüfung, Suche nach Alternativen
    • Reattribuieren, Entkatastrophisieren

Selbstkontroll-/Selbstmanagement-Therapie nach Frederick Kanfer

  • siehe Selbstmanagement
  • Selbstbeobachtung (Ist-Zustand) ⇔ Selbstbewertung (Soll-Zustand) ⇔ Selbstverstärkung (Ist-Soll-Vergleich → Selbstbelohnung/-bestrafung)

Verstärker-Verlust-Modell nach Lewinsohn (1974)

  • Lerntheorie der operanten Konditionierung:
    • Depressionen als Folge eines Mangels an unmittelbar mit dem Verhalten verbundener Verstärkung
    • positive Verstärkung abhängig
      1. Anzahl verstärkender Ereignisse
      2. Menge verfügbarer Verstärker
      3. Verhaltensmöglichkeiten einer Person, sich so zu verhalten, dass Verstärkung möglich ist
    • "Depressionsspirale" = reduzierte Stimmung → sozialer Rückzug → Verlust an Verstärkern → Verschlechterung der Stimmung
  • Therapie:
    • Aufbau positiver Aktivität = Aktivität, die positive Verstärung erzeugt
    • Soziales Kompetenztraining → notwendige Fertigkeiten, um in sozialen Situationen positive Verstärkung zu erlangen
  • Kritik:
    • Vernachlässigung negativer Verstärkung
    • Fokus auf instrumentelles Verhalten (soziale Fertigkeiten)

Diagnostik

Therapie

  • Grundsatz:
    • bei respondetem Verhalten (v.a. Angst/Phobien) → Konfrontation
    • bei operantem Verhalten → Löschung/Verstärkung
  • Ziele allgemein:
    • Ändern des Verhaltens
    • Ändern der Einstellungen:Akkomodation = Schemata an Situation anpassen (kognitive Umstrukturierung)
    • Ändern der Umwelt: Assimilation = Situation an eigene Schemata anpassen (Handlung)
    • Akzeptanz
  • Prinzipien:
    • Transparenz
    • Strukturieren, Zusammenfassen
    • Konkretisieren, Präzisieren
    • geleitetes Entdecken (sokratischer Dialog)
    • Vorwegnehmen: Hindernisse vorbesprechen, positive Erwartung wecken
    • Ressourcen aktivieren, positive Erwartungen wecken
    • "minimale Interventionen" → Wahrung der Autonomie, Selbstwirksamkeitsattribution, Vermeiden von Abhängigkeit
  • kognitive Methoden:
    • kognitive Umstrukturierung
    • Realitätstestung
    • Reattribuierung
    • Reframing
    • Entkatastrophisieren
    • Zeitprojektion
    • Perspektivenwechsel

Fallkonzeption

  1. Motivation:
    • zentrale Bedürfnisse und Ängste
    • Förderung: Anknüpfen an bestehende Ziele, Leidensdruck erhöhen, Veränderungsperspektive konkretisieren, Hindernisse verkleinern, Sicherheit geben
  2. Kognition: nach Beck → implizite Überlebensregel
  3. Emotion: Umgang mit Gefühlen
  4. Entwicklung: siehe Entwicklungspsychologie
  5. Persönlichkeit
  6. Werte
  7. Konflikte: intrapsychisch/interpersonell
  8. Ressourcen
  9. Situationsanalyse

Kognitive Umstrukturierung

  1. kognitives Modell vermitteln ("ABC-Modell")
  2. dysfunktionale Kognitionen ("automatische Gedanken") erkennen in konkreten Situationen ("sokratischer Dialog")
  3. Hinterfragen der dysfunktionalen Kognitionen:
    • Hedonistische Disputation: Hilft dieser Gedanke, sich so zu fühlen und zu verhalten, wie du es willst?
    • Empirische Disputation: Ist diese Annahme zutreffend? Wo sind die Beweise, dass dieser Gedanke stimmt?
    • Philosophische Disputation: Und angenommen, das Schlimmstmögliche würde eintreten?
  4. Erarbeitung funktionaler Kognitionen: realistisch, hilfreich, stimmig
  5. Einüben der neuen Kognitionen in problematischen Situationen (in sensu/in vivo)