Posttraumatische Belastungsstörung: Unterschied zwischen den Versionen

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* PTBS = PTSD (posttraumatic stress disorder)
* PTBS = PTSD (posttraumatic stress disorder)
* spezifische Form einer '''Traumafolgestörung'''
* spezifische Form einer '''[[Traumafolgestörung]]'''
* andere Störungsbilder:
* "normale Reaktion auf extreme/abnorme Situation"
** akute Belastungsreaktion: Stunden bis Tage, maximal 4 Wochen
** Anpassungsstörung
** andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung
** komplexe Traumafolgestörung → bisher nicht in ICD/DSM
* andere Traumafolgestörungen:
** [[dissoziative Störungen]]
** [[somatoforme Schmerzstörung]]
** [[emotional-instabile Persönlichkeitsstörung]]
* bei Kindern: Ängste, Regression
* häufige Traumatisierung auch bei
** dissoziale PS
** [[Essstörungen]]
** [[Affektive Störung]]en
** [[Abhängigkeit]]
** [[Somatoforme Störungen]]
* häufig Komorbidität
* häufig Komorbidität
* häufig übersehen bei
* häufig übersehen bei
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** misstrauischem, feindseligem oder emotionale-instabilem Verhalten
** misstrauischem, feindseligem oder emotionale-instabilem Verhalten
** bei med. Eingriffen, Diagnosen
** bei med. Eingriffen, Diagnosen
* Neurobiologie:
** Amygdala ↑
** PFC ↓
** noradrenerge Reaktion ↑


=== Traumatisierung ===
=== Traumatisierung ===
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*** reale Gefahr für sich oder andere erlebt, beobachtet oder damt konfrontiert
*** reale Gefahr für sich oder andere erlebt, beobachtet oder damt konfrontiert
** subjektives Erleben:
** subjektives Erleben:
*** intensive Furcht, Hilflosigkeit oder Entsetzen
*** intensive Furcht, Hilflosigkeit, Kontrollverlust oder Entsetzen
*** Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses
*** Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses
* Unterscheidung ("Schuld"): Mensch oder Umwelt
* Unterscheidung ("Schuld"): Mensch oder Umwelt
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* '''Traumagedächtnis''':
* '''Traumagedächtnis''':
** "Hier-und-Jetzt-Qualität"
*# ''ungenügende Elaboration'' = Einbettung in autobiographisches Gedächtnis:
** erschwerter willentlicher Zugriff (lückenhaft, fragmentiert, disorganisiert)
*#* "Hier-und-Jetzt-Qualität" → gegenwärtige Bedrohung (extern, intern)
** sensorische Wiedererinnerung (nicht kognitiv-verbal)
*#* erschwerter willentlicher Zugriff (lückenhaft, fragmentiert, disorganisiert)
** vielfältige Trigger (nur lose Assoziation)
*# ''starke assoziative Verknüpfungen'':
** implizites Gedächtnis: schwierige Stimulusdiskrimination
*#* "one trial learning"
** "one trial learning"
*#* sensorische Wiedererinnerung (nicht kognitiv-verbal) → "Emotion ohne Erinnerung"
*# ''implizites Gedächtnis'':
*#* starkes Priming, schwierige Stimulusdiskrimination
*#* Reiz-Generalisierung → vielfältige Trigger (nur lose Assoziation), auch intern (Emotion, Körperwahrnehmung)
* '''dysfunktionale Interpretationen''':
* '''dysfunktionale Interpretationen''':
** stark abhängig von Kognitionen während des Traumas:
** negativ: Sich-aufgeben, Verlust jeglicher Autonomie
** Schuldgefühle: für Ereignis/Ausgang verantwortlich
** Schuldgefühle: für Ereignis/Ausgang verantwortlich
** Ärger: Ungerechtigkeit
** Ärger: Ungerechtigkeit
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** Trauer: Verlust
** Trauer: Verlust
** Furcht: Übergeneralisierung
** Furcht: Übergeneralisierung
* '''Sicherheitsverhalten''':
** negative Interpretation/Attribution des Ereignisses und seiner Folgen (Symptome, Konsequenzen, Reaktionen anderer) → intern, stabil, generell
** kognitive und behaviorale Vermeidung → verhindert Verarbeitung, Löschung, Neubewertung
* '''Vermeidung''' → verhindert Verarbeitung, Löschung, Neubewertung:
** ([[Konditionierung|2-Faktoren-Modell von Mowrer]])
** kognitiv: Grübeln, negative Attributionen
** behavioral: Reizvermeidung, Sicherheitsverhalten, Alkohol/Medikamente, Dissoziation
** [[Konditionierung|2-Faktoren-Modell von Mowrer]]:
*** Trigger → klassische Konditionierung
*** Vermeidung → operante Konditionierung


=== Verlauf ===
=== Verlauf ===
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**** → komplexe PTBS, Persönlichkeitsveränderung
**** → komplexe PTBS, Persönlichkeitsveränderung
* Zahlen:  
* Zahlen:  
** Prävalenz 1-2%
** 50% Remission nach 6 Monaten, 50% Chronifizierung
** 50% Remission nach 6 Monaten, 50% Chronifizierung
** verzögerter Beginn bei 10%
** sexueller Missbrauch: 7% bei Frauen, 1,4% bei Männern
** sexueller Missbrauch: 7% bei Frauen, 1,4% bei Männern
** hohe Dunkelziffer: nur 10-20% werden angezeigt
** hohe Dunkelziffer: nur 10-20% werden angezeigt
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** chronische Depression: 60% frühes Trauma
** chronische Depression: 60% frühes Trauma
* Prävalenz:
* Prävalenz:
** Lebenszeitprävalenz traumatischer Ereignisse: > 50%
** Lebenszeitprävalenz PTSD: w=10%, m=5% → bei Frauen höheres Risiko, PTSD zu entwickeln
** 50% nach Vergewaltigung und bei Kriegs-/Vertreibungs-/Folteropfern
** 50% nach Vergewaltigung und bei Kriegs-/Vertreibungs-/Folteropfern
** 25% nach Gewaltverbrechen
** 25% nach Gewaltverbrechen
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* nach klinischen Kriterien: [[ICD-10-Posttraumatische Belastungsstörung]]
* nach klinischen Kriterien: [[ICD-10-Posttraumatische Belastungsstörung]]
* strukturierte Erfassung:
** DIPS (Diagnostisches Interview bei Psychischen Störungen)
** SKID (Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV)
** Impact of Event Scale
** PDS (Posttraumatic Stress Diagnostic Scale)
** PTCI (Posttraumatic Cognitions Inventory)
** Komorbidität: BDI, BAI
** Verlaufsmessung: NRS 0-100
**# "Wie belastet fühlen Sie sich, wenn Sie an das Ereignis und die Folgen denken?" = SUD (Subjective Units of Distress)
**# "Zu welchem Grad haben Sie sich mit dem Ereignis abgefunden?"


== komplexe PTSD ==
== komplexe PTSD ==
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** psychosoziale Intergation, Alltagsfähigkeit, Erwerbsfähigkeit
** psychosoziale Intergation, Alltagsfähigkeit, Erwerbsfähigkeit


=== '''generelle Maßnahmen''' ===
=== generelle Maßnahmen ===


* Herstellen einer '''sicheren Umgebung''' (Schutz vor weiterer Traumaeinwirkung)
* Herstellen einer '''sicheren Umgebung''' (Schutz vor weiterer Traumaeinwirkung)
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** langfristig: Triggeranalyse, Reizdiskrimination ("damals und dort, hier und jetzt" → nicht real, "nur" Erinnerungen/Bilder/Gefühle)
** langfristig: Triggeranalyse, Reizdiskrimination ("damals und dort, hier und jetzt" → nicht real, "nur" Erinnerungen/Bilder/Gefühle)
* '''Konfrontationstherapie''': Modifikation des Traumagedächtnisses
* '''Konfrontationstherapie''': Modifikation des Traumagedächtnisses
** Exposition in sensu: Trauma im Bericht "wiedererleben"<br /> Löschung der konditionierten Angstreaktion, Habituation, Integration
** Exposition in sensu: Trauma im Bericht "wiedererleben" &rarr; Löschung der konditionierten Angstreaktion, Habituation, Integration
** KI: psychotisches Erleben, Suizidalität, SV, Täterkontakt mit bestehender Bedrohung, schwere Dissoziationsneigung
** KI: psychotisches Erleben, Suizidalität, SV, Täterkontakt mit bestehender Bedrohung, schwere Dissoziationsneigung
* '''Modifikation dysfunktionaler Überzeugungen'''/Schemata, z.B. von Schuldgefühle: Psychoedukation, (Illusion von) Kontrolle, Schutz des Selbstbildes oder von Beziehungen bzw. Bild von anderen &rarr; Denkfehler der Retrospektive; Schuldgefühle vs. Schuld
* '''Modifikation dysfunktionaler Überzeugungen'''/Schemata, z.B. von Schuldgefühle: Psychoedukation, (Illusion von) Kontrolle, Schutz des Selbstbildes oder von Beziehungen bzw. Bild von anderen &rarr; Denkfehler der Retrospektive; Schuldgefühle vs. Schuld
** "Sie haben überlebt, also offensichtlich das zum Überleben richtige getan"
* Abbau von '''Sicherheits-/Vermeidungsverhalten''': Exposition in vivo (Hierarchie, Alltagsrelevanz)
* Abbau von '''Sicherheits-/Vermeidungsverhalten''': Exposition in vivo (Hierarchie, Alltagsrelevanz)
* '''Ressourcenstärkung'''
* '''Ressourcenstärkung'''
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* in der Frühphase nach Traumatisierung
* in der Frühphase nach Traumatisierung
** keine Benzos &rarr; deutliche Prognoseverschlechterung
** keine Benzos &rarr; deutliche Prognoseverschlechterung
** Propranolol &rarr; möglicherweise hilfreich
** andere Pharmaka: Nutzen unklar
** andere Pharmaka: Nutzen unklar
* bei Vollbild PTSD:
* bei Vollbild PTSD:
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** bei Alpträumen: Prazosin 2-10 mg (Cave: Kreislauf/Blutdruck)
** bei Alpträumen: Prazosin 2-10 mg (Cave: Kreislauf/Blutdruck)


== Quellen ==
== Quellen und Weblinks ==


* http://de.wikipedia.org/wiki/Posttraumatische_Belastungsst%C3%B6rung
* http://de.wikipedia.org/wiki/Posttraumatische_Belastungsst%C3%B6rung
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** http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-010.html (PTSD)
** http://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/051-010.html (PTSD)
** http://www.awmf.org/leitlinien/detail/anmeldung/1/ll/051-027.html (Akute Folgen psychischer Traumatisierung - Diagnostik und Behandlung)
** http://www.awmf.org/leitlinien/detail/anmeldung/1/ll/051-027.html (Akute Folgen psychischer Traumatisierung - Diagnostik und Behandlung)
* http://www.trauma-fortbildung.de/ traumafokussierte kognitive Verhaltenstherapie bei Kindern und Jugendlichen
* https://www.ptbs-info-opferschutz.de/ PTBS und Opferschutz - rechtliche Aspekte


[[Kategorie:Störungen]]
[[Kategorie:Störungen]]

Aktuelle Version vom 8. Januar 2018, 10:02 Uhr

Grundlagen

  • PTBS = PTSD (posttraumatic stress disorder)
  • spezifische Form einer Traumafolgestörung
  • "normale Reaktion auf extreme/abnorme Situation"
  • häufig Komorbidität
  • häufig übersehen bei
    • lange zurückliegender Traumatisierung (Kinder, Kriegserfahrungen)
    • auffälliger Komorbidität
    • unklaren Schmerzsyndromen
    • misstrauischem, feindseligem oder emotionale-instabilem Verhalten
    • bei med. Eingriffen, Diagnosen
  • Neurobiologie:
    • Amygdala ↑
    • PFC ↓
    • noradrenerge Reaktion ↑

Traumatisierung

  • Definition "Trauma"
    • objektive Kriterien:
      • Bedrohung der eigenen körperlichen und psychischen Unversehrtheit oder der von anderen
      • reale Gefahr für sich oder andere erlebt, beobachtet oder damt konfrontiert
    • subjektives Erleben:
      • intensive Furcht, Hilflosigkeit, Kontrollverlust oder Entsetzen
      • Erschütterung des Selbst- und Weltverständnisses
  • Unterscheidung ("Schuld"): Mensch oder Umwelt
  • größtes Risiko für PTBS:
    • sexuelle Übergriffe
    • Krieg, Folter, Vertreibung
  • nicht zu vernachlässigen:
    • Mitteilung einer med. Diagnose (chron. oder tödliche Erkrankung, z.B. Krebs)
    • Aufenthalte auf Intensivstation
Typ Merkmale Beispiele Konsequenzen
Typ I einzelnes, unerwartetes Eriegnis von kurzer Dauer Vergewaltigung im Erwachsenenalter, schwerer Verkehrsunfall, Überfall, Naturkatastrophe meist kalre, lebendige Erinnerungen; Vollbild der PTSD; meist schnelle Remission, gute Prognose
Typ II Serie von verbundenen Ereignissen oder langandauerndes Ereignis wiederholte sexuelle/körperliche Gewalt in der Kindheit oder Partnerschaft, Geiselhaft, Kriegserfahrung oft diffuse, bruchstückhafte Erinnerungen; Dissoziationsneigung; dysfunktionale Grundüberzeugungen/Schemata; komplexe PTSD; schlechtere Prognose

kognitiv-behaviorales Modell nach Ehlers/Clark

  • Traumagedächtnis:
    1. ungenügende Elaboration = Einbettung in autobiographisches Gedächtnis:
      • "Hier-und-Jetzt-Qualität" → gegenwärtige Bedrohung (extern, intern)
      • erschwerter willentlicher Zugriff (lückenhaft, fragmentiert, disorganisiert)
    2. starke assoziative Verknüpfungen:
      • "one trial learning"
      • sensorische Wiedererinnerung (nicht kognitiv-verbal) → "Emotion ohne Erinnerung"
    3. implizites Gedächtnis:
      • starkes Priming, schwierige Stimulusdiskrimination
      • Reiz-Generalisierung → vielfältige Trigger (nur lose Assoziation), auch intern (Emotion, Körperwahrnehmung)
  • dysfunktionale Interpretationen:
    • stark abhängig von Kognitionen während des Traumas:
    • negativ: Sich-aufgeben, Verlust jeglicher Autonomie
    • Schuldgefühle: für Ereignis/Ausgang verantwortlich
    • Ärger: Ungerechtigkeit
    • Scham: Regeln eigenen Verhaltens verletzt
    • Trauer: Verlust
    • Furcht: Übergeneralisierung
    • negative Interpretation/Attribution des Ereignisses und seiner Folgen (Symptome, Konsequenzen, Reaktionen anderer) → intern, stabil, generell
  • Vermeidung → verhindert Verarbeitung, Löschung, Neubewertung:
    • kognitiv: Grübeln, negative Attributionen
    • behavioral: Reizvermeidung, Sicherheitsverhalten, Alkohol/Medikamente, Dissoziation
    • 2-Faktoren-Modell von Mowrer:
      • Trigger → klassische Konditionierung
      • Vermeidung → operante Konditionierung

Verlauf

  • Trauma
    • → Bewältigung
      • → Integration/Kompensation
    • → Anpassungsstörung
      • → Bewältigung → Integration/Kompensation
      • → Depression, Angst, Somatisierung, Sucht
    • akute Belastungsreaktion
      • → Bewältigung → Integration/Kompensation
      • → Depression, Angst, Somatisierung, Sucht
      • → PTBS
        • → komplexe PTBS, Persönlichkeitsveränderung
  • Zahlen:
    • Prävalenz 1-2%
    • 50% Remission nach 6 Monaten, 50% Chronifizierung
    • verzögerter Beginn bei 10%
    • sexueller Missbrauch: 7% bei Frauen, 1,4% bei Männern
    • hohe Dunkelziffer: nur 10-20% werden angezeigt
    • BPS: 40-70% komplexe PTBS
    • chronische Depression: 60% frühes Trauma
  • Prävalenz:
    • Lebenszeitprävalenz traumatischer Ereignisse: > 50%
    • Lebenszeitprävalenz PTSD: w=10%, m=5% → bei Frauen höheres Risiko, PTSD zu entwickeln
    • 50% nach Vergewaltigung und bei Kriegs-/Vertreibungs-/Folteropfern
    • 25% nach Gewaltverbrechen
    • 10% nach Verkehrsunfall oder schwerer Erkrankung (Herzinfarkt, Krebsdiagnose)

Symptome

  1. Wiedererleben des Traumas: Intrusionen, Flashbacks, Alpträume, Geruchts-/Geschmacks-/Körpererinnerungen → Realitätsverlust
  2. Vermeidungsverhalten: alle mit Trauma assoziierten Stimuli (Männer, Sexualität, Dunkelheit, Orte, ...)
  3. dauerhafte Übererregung: Schreckhaftigkeit, Reizbarkeit, Schlaf- und Konzentrationsstörungen
  • emotionale Taubheit: innere Leere, Freud- und Interesselosigkeit
  • chronische Suizidalität
  • Selbstwertverlust, Vertrauensverlust, Schuld- und Schamgefühle

Diagnose

  • nach klinischen Kriterien: ICD-10-Posttraumatische Belastungsstörung
  • strukturierte Erfassung:
    • DIPS (Diagnostisches Interview bei Psychischen Störungen)
    • SKID (Strukturiertes Klinisches Interview für DSM-IV)
    • Impact of Event Scale
    • PDS (Posttraumatic Stress Diagnostic Scale)
    • PTCI (Posttraumatic Cognitions Inventory)
    • Komorbidität: BDI, BAI
    • Verlaufsmessung: NRS 0-100
      1. "Wie belastet fühlen Sie sich, wenn Sie an das Ereignis und die Folgen denken?" = SUD (Subjective Units of Distress)
      2. "Zu welchem Grad haben Sie sich mit dem Ereignis abgefunden?"

komplexe PTSD

siehe komplexe PTSD

Therapie

  • Ziel:
    • kein "Ungeschehenmachen", sondern Integration in Biographie
    • Symptomlinderung:
      • Wiedererleben → Kontrolle über Bilder
      • Kognitionen → hiflreiche/realistische Bewertungen
      • physiologisch → Reduktion der Anspannung/Erregung
    • psychosoziale Intergation, Alltagsfähigkeit, Erwerbsfähigkeit

generelle Maßnahmen

  • Herstellen einer sicheren Umgebung (Schutz vor weiterer Traumaeinwirkung)
  • Helfersystem organisieren
  • Psychoedukation/Informationsvermittlung
  • frühes Hinzuziehen eines mit PTBS erfahrenen Therapeuten
  • Stabilisierung nach Bedarf:
    • therapeutische Beziehung
    • engmaschige Anbindung
    • Selbst-/Fremdgefährdung
    • Affektregulation, Selbst-/Beziehungsmanagement, soziale Kompetenzen
    • Symptomkontrolle
    • Pharmakotherapie
    • Cave Suchtmittelgebrauch (Benzodiazepine)
    • zusätzlich Kunst-/Gestaltungs-/Ergo-/Körpertherapie
  • Nicht machen:
    • nicht-traumaadaptierte Psychotherapie
    • alleinige Pharmakotherapie
    • Traumatherapie ohne Gesamtbehandlungsplan

KVT

  • eher kurze Stabilisation: Kontrolle über Selbst-/Fremdgefährdung, Dissoziation, gute Anbindung
  • Umgang mit Intrusionen und Flashbacks:
    • kurzfristig: Skills
    • langfristig: Triggeranalyse, Reizdiskrimination ("damals und dort, hier und jetzt" → nicht real, "nur" Erinnerungen/Bilder/Gefühle)
  • Konfrontationstherapie: Modifikation des Traumagedächtnisses
    • Exposition in sensu: Trauma im Bericht "wiedererleben" → Löschung der konditionierten Angstreaktion, Habituation, Integration
    • KI: psychotisches Erleben, Suizidalität, SV, Täterkontakt mit bestehender Bedrohung, schwere Dissoziationsneigung
  • Modifikation dysfunktionaler Überzeugungen/Schemata, z.B. von Schuldgefühle: Psychoedukation, (Illusion von) Kontrolle, Schutz des Selbstbildes oder von Beziehungen bzw. Bild von anderen → Denkfehler der Retrospektive; Schuldgefühle vs. Schuld
    • "Sie haben überlebt, also offensichtlich das zum Überleben richtige getan"
  • Abbau von Sicherheits-/Vermeidungsverhalten: Exposition in vivo (Hierarchie, Alltagsrelevanz)
  • Ressourcenstärkung
    • z.B. Imaginationsübungen: Sicherer Ort, Tresorübung → Kontrolle über Bilder
    • → wiederholen und üben, ggf. modifizieren; Symbol → Anker (→ Gestaltungstherapie)
  • keine Entspannungs-, besser Achtsamkeitsübungen (Augen auf)
  • Beziehungsgestaltung: Woran erkenne ich eine gute/funktionierende Beziehung?
  • psychosoziale Reintegration:
    • soziale Unterstützung (Finanzen, Wohnen, Beruf)
    • Angehörige einbeziehen
    • Opferhilfsorganisationen, Opferentschädigungsgesetz
    • Auseinandersetzung mit Verlusten und Einbußen
    • intrapsychische Neuorientierung
    • Rückfallprophylaxe, Hilfe bei schwerer Belastung
    • Zukunftsperspektiven
  • Traumatherapie endet nicht mit der Traumabearbeitung!

weitere Therapieverfahren

Pharmakotherapie

  • in der Frühphase nach Traumatisierung
    • keine Benzos → deutliche Prognoseverschlechterung
    • Propranolol → möglicherweise hilfreich
    • andere Pharmaka: Nutzen unklar
  • bei Vollbild PTSD:
    • SSRI zugelassen (in D: Paroxetin), hochdosiert und lange
    • atypische Neuroleptika bei Therapieresistenz
    • bei Alpträumen: Prazosin 2-10 mg (Cave: Kreislauf/Blutdruck)

Quellen und Weblinks